So klingen die Stadtteile: Horst Hansen Trio - Der Soundtrack einer Weltreise

Formidablen Party-Jazz produziert das Horst Hansen Trio im Bunker an der Freiligrathstraße. Jetzt erscheint die neue CD.

Krefeld-Cracau. Der Wecker klingelt. Einmal. Zweimal. Die Müdigkeit will einfach nicht weichen. Doch die Rettung wartet bereits — und zwar im CD-Player. Nach nur einem Knopfdruck rollt der „Orient-Express“ scheppernd durch das Badezimmer und liefert den perfekten Soundtrack zum munteren Zähneputzen. Sofort gewinnt der Jazz die Oberhand über den inneren Morgenmuffel. Der Fuß wippt, die Hüfte schwingt, der Tag kann beginnen.

„Orient-Express“ ist der Opener des formidablen Albums „In jazzig Tagen um die Welt“. Aufgenommen wurde es von fünf jungen Männern mit markanten Brillen und etwas antiquiert klingenden Künstlernamen.

Eberhardt, Hubert, Manfred, Eckbert und Hans-Dieter Zimmermann sind alle Anfang 20, stammen aus Krefeld und bilden das Horst Hansen Trio — obwohl es sich ja bei ihnen eindeutig um ein Quintett handelt. „Das Horst Hansen Trio wurde 1962 von dem bekannten Krefelder Trompeter Horst Hansen gegründet“, sagt Manfred. „Damals war Jazz am Niederrhein noch als ,Negermusik’ verpönt, doch Horst hat gegen alle Widerstände an- und sich damit weltweit einen Namen erspielt.“

Die jungen Musiker verehren diesen lokalen Pionier des Jazz schon seit vielen Jahren, machten ihn 2009 ausfindig und baten ihn darum, sein Erbe antreten zu dürfen. Mit Erfolg: Hansen überließ ihnen nicht nur seinen guten Namen, sondern erklärte sich kurzerhand sogar bereit, künftig als Mentor seiner Nachfolger aufzutreten.

„Wir wollen mit unserer Musik vor allem junge Leute ansprechen und den Jazz aus der elitären Experten-Ecke rausholen“, erklärt Eberhard. „Man soll darauf tanzen und abgehen können.“ Passend zu diesem Vorhaben drückte das neue Horst Hansen Trio seinem Stil den Stempel Party-Jazz auf und benannte auch sein erstes Album so. Aufgenommen wurde das wilde Erstlingswerk noch im Bunker an der Freiligrathstraße. Für die zweite CD begab man sich dann ins Studio.

Entstanden sind die neun Stücke aber auf Weltreise. Eckbert hatte sich nach seinem Abitur nämlich für zehn Monate nach Australien verabschiedet, was bei seinen Trio-Kollegen „durchaus einen Hauch von Neid weckte“, gesteht Hubert. „Also plünderten wir kurzentschlossen unsere Bandkasse und begaben uns auf die musikalischen Spuren von Horst Hansen.“

Ausgerüstet mit ihren Instrumenten und einem Bubingabaum-Stab, der beim Stamm der Khoi Khoi ein männliches Statussymbol ist und der dem Horst Hansen Trio von ihrem Mentor als Talisman mitgegeben wurde, machten sie sich auf den Weg, „Zuerst sind wir nach Dubai geflogen, wo wir zufällig Jan Gabarek, den berühmten Saxofonisten, getroffen haben“, erinnert sich Manfred. „Diese Begegnung mit unserem Idol hat uns zum Stück ,Orient-Express inspiriert.“

Von Dubai aus ging es mit dem Zug nach Saudi-Arabien, dann ins nordsibirische Jarkutsk. „Erstaunlicherweise haben wir es dort ziemlich lange ausgehalten“, sagt Hans-Dieter Zimmermann. „Es hat uns dort sehr gut gefallen. Die Leute sind nett, trinkfest und wussten unsere Straßenmusik zu schätzen.“

Über Norwegen reisten die Vier weiter nach Nordamerika, um nach New Orleans zur Wiege des Jazz zu gelangen. Doch weiter als Florida kamen sie nicht, denn die „Plastikgesellschaft dort ist einfach pfui“. Stattdessen machten die Krefelder einen Abstecher in die peruanischen Anden, wo sie „die Kälte noch mehr zusammenbrachte“. Danach ging ihnen das Geld aus und sie mussten zurück.

Frisch inspiriert und mit vielen neuen musikalischen Eindrücken im Gepäck kam das Horst Hansen Trio zurück nach Krefeld. Wie lange die Truppe insgesamt unterwegs war, weiß niemand mehr. „Auf dem Weg haben wir die Zeit verloren“, verrät Eberhardt. „Aber es waren auf jeden Fall jazzige Tage.“

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