Bürgervereine: "Wir haben eine riesige Macht"

Hans-Jürgen Herzog, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Krefelder Bürgervereine, plädiert im Interview für die Abschaffung einzelner Bezirksvertretungen.

Bürgervereine: "Wir haben eine riesige Macht"
Foto: Andreas Bischof

In Krefeld gibt es 36 Bürgervereine - angeblich so viele, wie in keiner anderen Stadt. Woran liegt’s?

Hans-Jürgen Herzog: Genau kann ich das auch nicht sagen, da es viele Gründe gibt, aus denen in Krefeld Bürgervereine entstanden sind. Nehmen Sie zum Beispiel den Bürgerverein Bahnbezirk, den ältesten Bürgerverein in Krefeld. Er wurde gegründet, weil die Krefelder keine Lust mehr hatten, mit ihren Pferdefuhrwerken vor geschlossenen Bahnschranken zu stehen. Der Verein setzte sich dafür ein, dass die Schienen untertunnelt wurden. Anders in Elfrath: Dort haben sich die Menschen ein bisschen einsam gefühlt und sich deshalb in einem Bürgerverein zusammengeschlossen.

Wo sehen Sie persönlich die Aufgabe der Bürgervereine?

Herzog: Den Stadtteil voranzubringen. Wir haben uns im Bürgerverein dafür eingesetzt, dass der Bahnhof in Forstwald, der in einem miserablen Zustand war und eigentlich stillgelegt werden sollte, saniert wurde. Gekämpft haben wir auch für einen Wochenmarkt im Stadtteil — damit die Leute einen Punkt haben, an dem sie sich treffen können. Wir sind damals auf erheblichen Widerstand gestoßen, aber das Engagement hat etwas genutzt.

Den Stadtteil voranbringen — ist da nicht eigentlich die Bezirksvertretung gefragt?

Herzog: Die Bezirksvertreter übernehmen kaum die Initiative. Meist bearbeiten sie Vorlagen, die die Verwaltung einbringt. Meiner Meinung nach brauchen wir alle neun Bezirksvertretungen in Krefeld nicht. Sinnvoll wäre es, sie auf fünf zu reduzieren: Ost, Süd, West, Nord und Mitte. Das würde ausreichen und könnte Kosten sparen.

Ist denn das Engagement der Bürgervereine ausreichend?

Herzog: Die Arbeit der Bürgervereine hängt sehr stark von der Sozialstruktur im Stadtteil ab. Rund um den Bismarckplatz stiften Bürger — besonders junge Menschen — zum Beispiel Geld für den Ersatz gefällter Straßenbäume, am Schinkenplatz findet regelmäßig ein Bastelwettbewerb für Kinder statt. Manche Bürgervereine sind allerdings sehr bequem. Durch ein stärkeres Engagement auf allen Seiten ließe sich sicher viel mehr bewirken. Allein in Forstwald sind fast 500 der 4000 Bewohner Mitglied im Bürgerverein. Und es gibt mitgliederstärkere Vereine. Wir haben also eine riesige Macht. Dafür müssen wir uns aber besser organisieren und auch das ist manchmal schwierig, da sich nicht alle Mitglieder moderner Medien bedienen.

Heißt das, dass nur ältere Menschen im Bürgerverein aktiv sind?

Herzog: Ältere Menschen sind keineswegs generell ablehnend gegenüber modernen Techniken. Allerdings ist der Altersdurchschnitt in den Bürgervereinen vergleichsweise hoch. Um das zu ändern, wäre es sinnvoll, wenn wir uns als Helfer auch für die Familien etablieren könnten. Familien sollten wissen, dass wir uns für ihre Bürgerinteressen einsetzen, wenn sie Unterstützung benötigen.

Sie sind 1977 dem Bürgerverein Forstwald beigetreten. Heute sind Sie Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Bürgervereine. Was hätten Sie in all den Jahren besser anders gemacht?

Herzog: Ich hätte geschickter sein sollen, als der Bürgerverein Inrath gedroht hat, aus der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Bürgervereine auszutreten (die WZ berichtete). Ich hätte den Austritt sicher verhindern können. Andererseits haben wir mit den Bürgervereinen Traar und Königshof Vereine in die AKB wieder aufnehmen und bei der Gründung des Bürgervereins Uerdingen behilflich sein können.

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