Stadtteil-Check Kliedbruch Postbote und Lebensretter im Kliedbruch

Seit mehr als 20 Jahren bringt Peter Giesen die Post im Kliedbruch — und schleppt Getränkekästen oder öffnet auch mal Konserven. Einmal war er sogar Lebensretter.

Peter Giesen bei der Arbeit im Kliedbruch — seit 23 Jahren ist der Stadtteil seine Wirkungsstätte.

Peter Giesen bei der Arbeit im Kliedbruch — seit 23 Jahren ist der Stadtteil seine Wirkungsstätte.

Krefeld. „Wenn ich durch die Gegend fahre, tut mir der Arm manchmal vom vielen Grüßen weh“, sagt Peter Giesen über seine Arbeit. In seinem Bezirk im Kliedbruch hat der 59-Jährige über die Jahre schon viele Menschen besser kennengelernt. Kein Wunder: Trägt er doch schon seit 23 Jahren die Post in dem Stadtteil aus. Im September beginnt für ihn das 45. Dienstjahr.

Deswegen bringt der Beamte auch nicht nur Briefe und Zeitschriften rum, sondern wird auch mal gebeten, einen Getränkekasten ins Haus zu tragen oder einer älteren Dame Flaschen und Glaskonserven zu öffnen. Ein kleiner Plausch ist immer mal drin. Auch wenn ein heiß ersehntes Paket nicht kommt, fragen viele als Erstes erst einmal ihn. „Mich kann man immer ansprechen.“

Und die Kliedbrucher danken es ihm. „Wenn man so lange wie ich immer da ist und man sich kennt, dann wird man auch mal zum Kaffee reingebeten“, erzählt der gebürtige Tönisberger. An Weihnachten bekommt er dann vom einen oder anderen auch mal selbst gebackene Plätzchen oder zu Ostern einen Hasen.

Einmal hat Giesen sogar ein Leben gerettet. In einer Stichstraße hatte er ganz leise undefinierbare Rufe gehört und nicht locker gelassen. Durch das Fenster eines Hauses am Immenhofweg sah er dann eine ältere Dame am Boden liegen. Sie war gestürzt und lag schon eine Weile dort. „Zum Glück wusste ich, dass ein Nachbar einen Schlüssel hat.“

Giesens Bezirk hat sich über die Jahre immer ein bisschen verändert. Mal ist eine Straße dazugekommen, mal eine andere weggefallen. Jedes Jahr wird der Bezirk darauf überprüft, wie hoch das Arbeitsaufkommen ist. Und je nach Entfernungen und Aufwand möglicherweise angepasst. Weil Giesen bis auf etwa ein Dutzend Mehrfamilienhäuser, bei denen gleich mehrere Haushalte schnell beliefert werden können, im reinen Wohngebiet fast nur Einfamilienhäuser abarbeiten muss und auch einiges an Entfernung mit dem Rad zurücklegt, gehören rund 800 Haushalte zu seinem Bezirk.

Der Durchschnitt seiner Kollegen — von denen er in Krefeld rund 150 hat — liegt bei 1800 Haushalten. „Mein Bereich ist anstrengend, mit Vorgärten und Treppen“, erklärt Giesen, der immer sofort merkt, wenn beispielsweise eine Adresse nicht zum Namen passt.

Geografisch gehören zu Giesens Bereich der Dahler Dyk mit den Nebenstraßen, der Nassauer Ring und das Stück Moerser Straße zwischen Nassauer Ring und Grafschaftsplatz. „Husarenallee und Deußstraße sind der schönste Teil meiner Strecke, so am Stadtwald lang, das ist so schön ruhig“, sagt der frischluft- und radfahrbegeisterte Mann, der auch privat gerne auf dem Zweirad unterwegs ist — „weil es mich am meisten entspannt“ — und für seine nächsten beiden Urlaube Touren an der Ems und um Warnemünde herum plant.

Das Lieblingsstück seiner Route bringt aber auch einen Nachteil mit sich. „Da muss besonders viel Post hin.“ Das war schon vor 23 Jahren das Überraschendste für ihn. Vor seiner Zeit bei der Bundeswehr hatte er drei oder vier Jahre in Oppum ausgetragen. Danach kam er im Juni 1983 ins Kliedbruch. „Und plötzlich hatte ich doppelt so viel Post wegzubringen.“ Für die „gehobene Mittelklasse“, die hauptsächlich zu seinen Kunden gehöre, seien viele Nachrichten- oder Modemagazine und Kataloge vorn in seiner gelben Kiste.

Im Schnitt transportieren Postboten täglich zwischen 50 und 80 Kilo Papier durchs Land. Giesen schätzt, dass es bei ihm mehr ist. Drei- bis fünfmal lädt er pro Tag eine neue Fuhre auf. Wenn seine beiden Söhne scherzen, dass er in seinem Beruf ja „nur ein bisschen gemütlich durch die Gegend fahre“, wird Giesen sauer. Erst recht, weil er bis 1989 eine Sechs-Tage-Woche hatte. „Und ich muss samstags raus, wenn andere sich noch mal rumdrehen“, sagt der Briefträger, der seine Schicht morgens zwischen 5.30 und 5.45 Uhr beginnt — „und gegen 15 Uhr zu Hause“ ist.

Die schlimmste Zeit in den vergangenen Jahren waren ein paar Wochen, in denen er nach einem halben Jahr Krankheit zur Wiedereingliederung in der Nähe des Krefelder Bahnhofs austragen musste. „Da wird man irre, da stehen auf der Hälfte der Briefkästen keine Namen drauf.“ Er sei danach ins Personalbüro und habe gebettelt, wieder ganz normal und in seinem Bezirk arbeiten zu dürfen. Zwar müsse er immer damit rechnen, noch mal versetzt zu werden. Aber was er an seiner kleinen heilen Welt hat, weiß er schon.

Was das Wetter angeht, ist der 59-Jährige froh, dass die letzten Winter sehr mild waren. Er erinnert sich noch an den Morgen eines 24. Dezembers vor wenigen Jahren, als er versuchte, durch hohen Schnee wenigstens mit dem Auto die Post zu bringen und aufgeben musste. Was die Kälte angeht, ist er nicht anfällig.

„Man darf nur nicht kalt werden.“ Deswegen hat er in seinem im Viertel parkenden Privatwagen auch immer zwei Ersatzgarnituren, beispielsweise wenn er bei Dauerregen durchgeweicht worden ist.

Was er nie vergessen werde, sei ein Winter gewesen, bei dem er bei minus acht Grad völlig verfroren am „Schwarzen Pferd“ ankam. Der Besitzer sah seine blauen Finger und bot ihm einen Tee „mit Frostschutzmittel“ an. „Ich habe nicht gesehen, was in die Tasse kam.“ Es war, wie sich später herausstellte, unter anderem ein ordentlicher Schuss Strohrum. „Danach bin ich erst mal eine halbe Stunde mit freiem Oberkörper zugestellt.“

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