Tin Lizzy: Ein Mann und sein Auto

Wilfried Roth nennt eine „Tin Lizzy“ sein Eigen. Der Ford-Oldtimer hat fast 100 Jahre auf dem Buckel und fährt immer noch.

Krefeld-Hüls. Er ging einfach so um die Ecke und da war es um ihn geschehen: Liebe auf den ersten Blick. Vor zwei Jahren hat Wilfried Roth sich in Lizzy verliebt. Sie trägt blau, sehr viel Messing und ist für ihre 99 Jahre sehr, sehr gut in Schuss. Tin Lizzy ist ein Automobil aus dem Jahre 1911. Wilfried Roth, Hülser von Geburt, hat dieses Schmuckstück auf einer Automesse entdeckt. "Als ich sie sah, war ich gleich sicher", erzählt er.

Damit Roth allerdings seine geliebten Runden drehen kann, musste sich auch Lizzy an die heutigen Bedingungen anpassen: Scheibenwischer, Reserverad und akustische Blinker - anfangs des 20. Jahrhunderts noch Zukunftsmusik - weist der Ford-Oldtimer mittlerweile auf. Auch durch den Tüv ist das historische Gefährt wieder gekommen.

Dabei war das schöne Stück ursprünglich nicht zum Verkauf gedacht. Aber auf seine liebenswürdige Art hat sich Roth durchgesetzt. Das hat der Hülser, Jahrgang 1942, schon mehrmals im Leben getan. Er hat sich diese Freude an seinem Fahrzeug hart erarbeitet. Eigentlich sollte er Schreiner lernen, aber als bei den Nachbarn ein Wasserrohr brach, und er zum ersten Mal etwas von einem Installateur hörte, lief er stracks zu seiner Mutter: "Das will ich werden!" Gleich in derNachbarschaft bekam er die Lehrstelle: "In einem kleinen Betrieb lernt man sehr viel."

Einige Zeit später wollte er sich selbstständig machen, lieh sich dafür das Startkapital von 2000 DM. Seinen ersten Spülwagen aus den 70er-Jahren hat Roth immer noch - auch schon ein Oldtimer. Mit dem Geschäft ging es bergauf.

Doch Roth musste im Laufe der Jahre auch einige Rückschläge verdauen. Seine Ehe scheiterte, das Geschäft lief schlecht. Doch seine Mutter, eine Kriegswitwe, wusste es: "Du kommst wieder nach oben, mein Jung", bestärkte sie ihn. Viele alte Hülser kennen seine Mutter noch, denn "Tante Martha" hat vielen Leuten mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

Und wirklich, Wilfried Roth kam mit seinem Unternehmen wieder nach oben. Für seine Firma wählte er die Farbe Gelb und den Spruch "Kanal in Not, rufe Roth", der schnell in aller Munde war. Auf seinem Hof stehen die großen Maschinen, mit denen er die Kanäle reinigt.

Inzwischen leitet seine Tochter Ulrike Roth-Bruchmann zusammen mit dem Schwiegersohn das Geschäft. "Ich bin nur noch manchmal da", sagt Wilfried Roth. Lieber ist er in Sachen Oldtimer unterwegs. Und seine zweite Frau hat inzwischen auch Spaß daran gefunden. Mit zünftiger Ledermütze und warmer Kleidung geht es durch die schönsten Landschaften. "Sie glauben nicht, wieviele Leute einem begeistert zuwinken, wenn man so durch die Gegend gondelt", sagt Roth. Kürzlich fuhr er mit Kollegen durch ganz NRW, zuletzt ging es dann mit seiner "Tin Lizzy" und der Ehefrau an den Bodensee.

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