Stadt stoppt Schrottsammlerin

Helga Rietz ist verzweifelt: Das Amt verbietet ihr das Sammeln von privatem Schrott — und nimmt ihr den Mini-Verdienst.

Hüls. „Ich war immer ehrlich. 57 Jahre lang. Nie habe ich mich an Sperrmüll am Straßenrand vergriffen“. Helga Rietz aus Vorderorbroich in Hüls betreibt seit 2007 ganz offiziell ein Mini-Gewerbe: Sie sammelt Altmetall und Schrott, fährt zweimal im Jahr mit ihrem Hänger zum Recyclingbetrieb Janssen in Venlo. „Das bringt netto 800 bis 1000 Euro“, sagt die Hausfrau und Mutter.

Gerade genug, um die am Jahresanfang eintrudelnden Versicherungsrechnungen zu bezahlen. Ihr Mann ist seit einem Jahr krankgeschrieben: Er hat ein schweres Rückenleiden. Vom Krankengeld lässt es sich schlecht leben.

Doch Helga Rietz darf keinen Schrott mehr fahren, zumindest keinen aus privaten Haushalten. Die Ordnungsverfügung mit einer Zwangsgeldandrohung von 5000 beziehungsweise 10 000 Euro bei Zuwiderhandlung begründet Bernd Plenker, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Umwelt mit „dem überwiegend öffentlichen Interesse, das der gewerblichen Sammlung entgegensteht“.

Die GSAK ist diejenige, die im Auftrag der Stadt privaten Elektroschrott sowie Altmetall sammeln darf, sonst keiner. Dahinter steht das im vergangenen Sommer in Kraft getretene neue Kreislaufwirtschaftsgesetz.

Doch noch immer fahren regelmäßig Schrottsammler ungestraft mit schrillen Erkennungsmelodien durch die Stadt. Besonders häufig zu sehen ist ein Lkw mit Mönchengladbacher Kennzeichen. „Aber wir dürfen nicht in den fließenden Verkehr eingreifen“, schildert Bernd Plenker die Zwickmühle. Die Polizei interessiere sich zum Leidwesen der Kommunen nicht für die „wilden Schrottsammler“. Sie besetzen die Nische, die Menschen wie Helga Rietz per Ordnungsverfügung genommen wird. Sie ist nie mit Flöte durch die Straßen gefahren. „Die Kunden bringen mir ihre Edelstahlspülen, alten Werkzeuge oder Metallstühle“. Oft wisse sie nicht, wer ihr das Altmetall auf den Hänger oder vor die Tür gelegt hat. „Ich bin hier bekannt, mein Hänger ist bekannt“. Schwups — schon liegt ein altes Fahrrad drauf. Das Telefon klingelt: Ein Kunde aus der Innenstadt bietet Altmetall zum Abholen an.

Im August 2012 schickte das Umweltamt die 57-Jährige zu einem Fachkundeseminar zum Bildungszentrum für die Entsorgungs- und Wasserwirtschafts GmbH in Duisburg. Doch der Nachweis für Fachkunde „im Sammeln, Befördern, Handeln und Makeln von Abfällen“ nützt ihr gar nichts: „Der Nachweis berührt einen anderen Anwenderkreis.“ Sprich: Das Zertifikat gilt nicht für Schrott. Auch eine Vorschrift nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz. Rund 300 Euro hat Frau Rietz für das eintägige Seminar auf den Tisch gelegt. Und sich — wie ebenfalls vorgeschrieben — reflektierende „A“-Schilder (für Abfall) für Hänger und Kombi gekauft.

Was nicht plausibel erscheint: Schrott und Edelmetall aus Gewerbebetrieben ist nicht von öffentlichem Interesse. Den darf Helga Rietz weiter nach Venlo bringen. Ein paar Handwerksbetriebe hat sie zwar auf der Liste. „Aber die meisten meiner Kunden sind Privatleute“. Diese haben ein Herz für die Kleinunternehmerin und deshalb die GSAK außen vor gelassen. Das dürfte nun vorbei sein. „Aber ich mache nichts Illegales“, verspricht Helga Rietz, „denn mich würde man sicher sofort erwischen“.

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