Krefeld - Burg Linn Flachsmarkt: Eintauchen in die Welt des Mittelalters

Der Flachsmarkt rund um die Burg lockte am Pfingstwochenende 45 000 Besucher nach Linn. Das Wetter spielte mit.

Krefeld. Die Leinsamen werden am 100. Tag des Jahres ausgesät. 100 Stunden danach keimen sie und 100 Tage später ist der Flachs erntereif. Die Besucher des Flachsmarktes staunen über das Wachstum der Samen und den arbeitsreichen Weg anschließend, bis die Pflanzenteile als Leintuch auf dem Tisch liegen. Hajo Schuckey und seine Kollegen vom Beeker Flachsmuseum zeigen die Schritte der Flachsbearbeitung genau auf. Mit einem Bündel Fasern in der Hand erklärt er: „Und das ist flachsblond.“ Beim 41. Flachsmarkt rund um die Burg Linn gibt es für die zahlreichen Besucher wieder viel zu sehen und zu erfahren.

Die Handwerker hobeln, bis die Späne und schmieden, bis die Funken fliegen. Rund 300 Fachleute altertümlicher Gewerke sind in diesem Jahr rund um die Burg Linn wieder mit dabei. Alles läuft wie am Schnürchen. Die Besucher verbringen Stunden vor den Ständen und viele Männer lassen sich bereitwillig vom Barbier einseifen.

Der Flachsmarkt 2016
25 Bilder

Der Flachsmarkt 2016

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Besonders die Kinder haben ihren Spaß, denn oft dürfen sie unter Anleitung selbst Hand anlegen. Sei es beim Töpfern, Schmieden oder als Steinbildhauer. Sie sind aber auch bei den Ritterspielen mit Feuereifer dabei. Jonas (2) und seine Mutter Peggy Herbst aus Mönchengladbach lassen es etwas langsamer angehen. Mit den Mitgliedern der Ritterrunde stehen sie im Kreis und üben sich an historischen, barocken Tänzen wie Traubentritt und Chapelloise. „Links, rechts, vor und zurück“, geben Tilmann von Brempt, alias Christoph Engels und Sweda, alias Christian Schütze, vor. Wenn die Partner wechseln müssen, gibt es reichlich Verwirrung. Familie Herbst lacht. „Es ist schön, hat etwas Meditatives“, findet die Mutter. „Die Tänze machen Spaß und sind sehr gut.“

An einem anderen Stand hat Steinmetzmeister Martin Röttger mittelgroße Monster auf Stangen gesetzt. Es sind wahre Hingucker. „Ich gehe in der Eifel auf Lava-Felder und sehe mir die Brocken an“, berichtet er. Dann erkenne ich an einer Form: ,Du bist ein Fisch‘,“ erklärt er und lacht. Die porösen Figuren erhalten in seiner Werkstatt wertvolle Glasaugen, Zähne aus Amethyst oder Opal und einen Schwanz, der mit Dübeln befestigt ist.“

Auf dem Andreasmarkt hat Tjard Kusche erstmals sein Geo-Studio aufgebaut. Der Fossilien-Jäger hat versteinerte Tiere und Pflanzen an seinem Stand. „Es sind Fossilien-Funde, die ich beim Straßenbau in Salzgitter gemacht habe oder zwischen Nürnberg und München“, erzählt er.

„Hier sind Ammoniten — urtümliche Tintenfische — , Muscheln, Schnecken, Armfüßer, Urkrebse und versteinerte Fische, die etwa 180 Millionen Jahre alt sind“, erklärt Kusche. Oftmals befinden die sich auf zu Stein gewordenem Kalkschlamm. Die Präparation, das Freilegen und Bearbeiten der Fossilien, führt er an seinem Stand vor. Auf seinem gepachteten Grundstück in South-Dakota legte er nichts Geringeres als einen Tyrannosaurus frei. Selbst an Filmstars wie Brad Pitt oder Nicolas Cage hat er seine — kleineren — Arbeiten schon verkauft. Die elfjährige Marie mit Vater Udo Heinrichs kann sich an den kleinen Fossilien nicht sattsehen.

Ein paar Schritte weiter qualmt es. Aus dem Topf von Garndesignerin Ingrid Cuypers steigt der Dampf. „Ich koche Birkenblätter für einen Sud aus, mit dem ich Wolle färbe.“ Einige Stränge hängen bereits am Gestell. „Rote Haselnussblätter färben übrigens grün, die Birkenblätter gelb. Das liegt daran, dass Wolle eine Eiweißfaser ist, die so reagiert.“

Und dann noch einmal zurück zum Flachs. Wenn er nicht sorgfältig bearbeitet und noch mit Schäben, anhängenden Holzteilchen, behaftet ist, wird das Hemd zum Schluss kratzig, also schäbig. Ist doch jetzt klar für die Besucher des Flachsmarktes.

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