Stadtteil-Check: Krefeld – eine lebenswerte Stadt

Trotz mancher Abstriche in anderen Bereichen: In der Disziplin „Lebensqualität“ geben die Bewohner ihrer Stadt eine 2-.

Krefeld. Geht es ans Gefühlte, sind die Krefelder mal wieder für Überraschungen gut: Beim Stadtteil-Check der WZ beurteilten die 1435 Leser die Lebensqualität der Stadt mit der Schulnote 2,5, dieselben Leser, die bei Sauberkeit eine 3,2, bei der Verkehrsbelastung eine 3,8, für die Situation der Jugendlichen eine 4,1 und für die Lage der Senioren eine magere 3,6 gaben.

Die Teilnehmer am Check haben also bewusst differenziert und schätzen offenbar die eigene Situation höher ein als den Zustand bestimmter Themenbereiche. Selbst das Einkaufen, das den allgemeinen Wohlstand wie auch den eigenen Lebensstandard mitbeschreibt, haben sie schlechter bewertet.

"Lebensqualität ist nach allgemeiner wissenschaftlicher Auffassung ein multidimensionales Konstrukt", heißt es viel- und wenigsagend im Lexikon. Die Antwort auf die Frage nach der individuellen Lebensqualität hat offenbar in Krefeld sehr viel mit der Wohnsituation zu tun: So erhalten die Bereiche Traar, Verberg und Bockum Noten zwischen 1,7 und 2,0.

Es wundert auch nicht, dass die traditionell geschlossenen Ortsteile Hüls, Linn und Fischeln bei aller Kritik zu anderen Themen in punkto Lebensqualität zwischen 2,1 und 2,3 landen. Auch die auf ihre Eigenständigkeit bedachte Rheinstadt Uerdingen, die immerhin viel Industrie zu verkraften hat, ist mit der Note 2,6 noch deutlich besser als Befriedigend.

Immerhin Befriedigend bis Ausreichend finden die Check-Teilnehmer die Lebensqualität im Südbezirk, der von drei Verkehrsadern geteilt wird und dem so gut wie keine eigene Identität zugebilligt wird, der aber mit der Fabrik Heeder und an vielen Stellen interkulturelle Szenen entwickelt.

Möglicherweise wird das bei der Beurteilung der Lebensqualität durch bessere Noten für die Nahverkehrsverbindungen und die Einkaufsmöglichkeiten wieder wett gemacht. Einige Bewertungen der Lebensqualität geben Rätsel auf: Da wird das stadtnahe Cracau mit den Bismarckplatz mit 3,0 bewertet, während das Kempener Feld eine 2,6 erhält und die Stadtmitte eine 2,8.

Ist es die Kleinteiligkeit, die hoch bewertet wird? Die Großstadt ist klein genug, dass man sie und viele Menschen kennt, sich im Alltag nicht fremd fühlt.

Doris Törkel, Leiterin des städtischen Fachbereichs Grünflächen

Wissenschaftler betonen, dass Lebensqualität weniger die objektive Verfügbarkeit von materiellen und immateriellen Dingen umfasst, sondern den Grad, mit dem ein vom Einzelnen erwünschter Zustand an körperlichem, psychischem und sozialem Befinden auch tatsächlich erreicht wird.

Nur ein Faktor ist der materielle Wohlstand, daneben gibt es eine Reihe von weiteren Faktoren wie Bildung, Berufschancen, sozialer Status oder Gesundheit.

Es geht also bei den Antworten weniger um den Zustand der Welt um sich herum als um die eigene komplexe Zufriedenheit. Da Grün in Krefeld reichlich vorhanden ist, ist es keine Überraschung, dass die Leiterin des Fachbereichs Grünflächen auf die Frage nach der Lebensqualität spontan sagt: "Die Stadt hat eine liebenswerte Alltagswelt mit unglaublicher Vielfalt.

Nur wenige Schritte vor der Haustür gibt es viele Flächen zum Durchatmen." Nach Grün und Auslauf war im Check nicht gefragt worden, die Bewertung dafür schleichen sich in die zur Lebensqualität ein.

Der Architekt Klaus Reymann, der mit seiner Baudenkmal-Stiftung Werte bewahren will, sieht die gebaute Umgebung als Teil der Lebensqualität: "Die Lebensqualität ist in Krefeld sehr hoch, vor allem das kulturelle Angebot schätze ich. Aber die Stadt hat auch Defizite in ihrer Gestalt, da hätten die Verantwortlichen andere Schwerpunkte setzen und mehr Bewusstsein für das Erhalten schaffen müssen."

Zuletzt ist wieder viel über die "Stadt wie Samt und Seide" diskutiert worden, ein Slogan, den man beibehält. Er spiegelt Geschichtsbewusstein und Qualitätsanspruch wider.

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