Stadt zahlt die letzte Ruhe

Jeder zehnte Krefelder bekommt ein Armenbegräbnis. Dieser Trend wird in Zukunft weiter ansteigen.

Krefeld. Immer mehr Krefelder können sich den Tod nicht leisten. Bei jedem zehnten Verstorbenen muss die Stadt mittlerweile die Kosten der Beerdigung übernehmen. „Seit 2006 haben wir steigende Fallzahlen“, bestätigt Michael Podien vom Sozialamt auf Anfrage der WZ.

Bis zum heutigen Tag habe es schon mehr Anträge gegeben als im gesamten Vorjahr. Bislang musste das Sozialamt bei rund 100 Bestattungen pro Jahr einspringen, von Januar bis jetzt sind es schon 138. Hinzu kommen 120 weitere Fälle, die das Ordnungsamt übernimmt, weil keine Angehörigen auffindbar sind. Angemessen an einer Gesamtzahl von rund 2400 Beerdigungen in Krefeld sind das beachtliche Zahlen.

Um nicht den Begriff Armenbegräbnis zu verwenden, sprechen die Sozialämter von einer Sozialbestattung. Bezahlt wird jedoch nur das Nötigste: Eine Erd- oder Feuerbestattung in einem Reihengrab.

Enthalten sind außerdem die Kosten für den Amtsarzt und die Sargträger. Blumenschmuck und die spätere Grabpflege gehören nicht dazu. Bei den Ordnungsamt-Fällen werden die Verstorbenen generell eingeäschert und die Urne wird in einem Rasengrab beigesetzt.

In der Mehrheit handelt es sich bei den Betroffenen um Menschen, die einen durchschnittlichen sozialen Hintergrund haben. „Es ist eine andere Klientel, als man erwartet“, sagt Ludger Alofs vom Krefelder Begräbnisbund. So sei zum Beispiel die Gruppe der Obdachlosen nicht besonders groß.

Vielmehr handele es sich um Fälle, in denen Leute kein Geld mehr haben, weil sie dieses für ihre letzten Lebensjahre in einem Seniorenheim ausgeben mussten. „Das sind ganz heftige Lebensschicksale“, betont Alofs. Als einen weiteren Grund sieht er den Wegfall des Sterbegeldes, das die Krankenkassen bis 2004 zahlten. Alofs: „Ich glaube, dass der Trend weiter zunimmt.“

Davon ist auch Sonja Hartenstein, Vorsitzende des Stadtververbandes der Bestatter, überzeugt: „Das wird immer schlimmer, weil es immer mehr Sozialhilfe-Empfänger gibt.“

In diese Situation geraten auch ihrer Erfahrung nach viele Menschen erst durch die Unterkunft in einem Seniorenheim. Hartenstein: „Man muss ja bis zum geschützten Vermögen sogar seine Sterbeversicherung auflösen.“

Kann sich ein Angehöriger die Beerdigungskosten nicht leisten, muss er einen Antrag beim Sozialamt stellen. Den Bestatters kann man sich aussuchen. „Viele Kollegen machen das aber gar nicht mehr, weil das Sozialamt oft nur sehr schleppend bezahlt“, sagt Hartenstein.

Bezahlt wird ein festgeschriebene Betrag von 609,50 Euro. Damit sei zwar ein würdiger Rahmen möglich, aber die Bestatter müssten entsprechend mit relativ viel Geld in Vorleistung gehen. Hartenstein: „Da die Zahl zunimmt, wird das natürlich immer mehr.“

Michael Podien vom Sozialamt erklärt die Verzögerungen bei der Bezahlung vor allem mit fehlenden Dokumenten: „Das kann dann schon mal ein halbes Jahr dauern, bis der Bestatter sein Geld bekommt.“ Zudem können die Angehörigen bestimmen, wer zuerst bezahlt wird und das sei meistens das Friedhofsamt und nicht der Bestatter.

Schneller geht es bei den Beerdigungen, die das Ordnungsamt bezahlt. Allerdings ist in diesem Fall auch immer nur ein einziges Institut betroffen, da es alle zwei Jahre eine öffentliche Ausschreibung gibt. Dabei können sich die Unternehmen darum bewerben, sämtliche Aufträge des Ordnungsamts zu bearbeiten. Der Zuschlag geht an den Bestatter mit dem billigsten Angebot.

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