Mit Snowboard hoch hinaus

Der Anrather Fynn Koenen gehört mit erst 16 Jahren bereits zu den Besten seiner Zunft in Deutschland.

Der Hülser Berg ist nur etwa 63 Meter hoch. Die Süchtelner Höhen liegen mit bis zu 86 Metern unwesentlich darüber. Erhebungen, um dem Wintersport nachzugehen, sucht man am linken Niederrhein zwischen dem Rhein und den Niederlanden ansonsten vergebens. Und doch ist der Anra-ther Fynn Koenen einer der besten Snowboarder Deutschlands geworden — mit gerade einmal 16 Jahren. Das Schneebrett und er — das war vor nicht mehr als sechs Jahren Liebe auf den ersten Blick. Damals in den Alpen ist es passiert. Vater und Mutter, beide erfahrene Skifahrer — und dann der Sohn, der unbedingt auf ein Snowboard steigen wollte.

„Er hat sich also mit zehn Jahren da drauf gestellt und ist gefahren. Ein Trainer sagte nach zwei Tagen: ‚Das ist nicht normal.’ Er hatte wirklich Talent“, erzählt Vater Werner Koenen, einst ein Sporttänzer, genau wie seine Frau. Auch die Tochter tanzt. Fynn Koenen aber zieht es in den Schnee, ins Hochgebirge, wo er seine waghalsigen Sprünge üben und zeigen kann. Das strapaziert das Zeitmanagement der Eltern. Der Vater ist selbstständig. Die Familie sponsert die meisten Kosten aus eigener Tasche. Daneben hat Fynn Koenen aber auch schon kleinere Gönner gefunden, die ihm Teile der Ausrüstung finanzieren.

Dreimal pro Woche fährt ihn sein Vater zum Training nach Landgraaf in die Niederlande. Daneben geht es zweimal zum Physiotherapeuten, zweimal aufs Trampolin zum TV Anrath. Sein Verein, der Ski-Klub Uerdingen, hat das Potenzial in dem Jungen erkannt. Frank Nouvertne, Leiter Sport, sagt: „Es ist ein unfassbares privates Investment der Familie. Seine Entwicklung ist bemerkenswert. Der Kerl hat ein Riesenpotenzial. Ich drücke ihm die Daumen, dass er gesund bleibt. Gerne würden wir ihn auch etwas sponsern.“ Inwieweit, das ist im Vorstand noch nicht beschlossen. Der Verein mit 620 Mitgliedern hat sich nach seiner Insolvenz 2015 erholt, ist wieder im Aufwind.

Vorsitzender Markus Stenkamp sagt: „Fynn hat die Leidenschaft. Wir wollen ihn fördern. Wir sind stolz, ihn und seine Familie als Mitglieder zu haben.“ Fynn Koenen ist ein Freestyler in den Kategorien Slopestyle und Big Air, also Hindernisparcours und Sprünge, die bewertet werden. Sein Vorbild ist der Kanadier Mark Mc Morris, Bronze-Gewinner bei Olympia 2018. Was fasziniert den Anrather an dieser spektakulären Sportart? „Es ist meine Leidenschaft. Das wird sich auch nicht mehr ändern. Man kann seinen eigenen Stil entwickeln, frei sein, nicht tun, was die Anderen sagen. Man hebt einfach mal ab.“ Einfach abheben, das ist eine schöne Bezeichnung für die Sprünge, bei denen Athleten oft mal zehn bis 15 Meter in die Höhe schießen, Pirouetten drehen, rotieren, Salti schlagen.

Im vergangenen Winter verletzte sich Koenen schwer. Ein komplizierter Ellbogenbruch, ein Nerv war verletzt. Eine Not-Operation. Zweieinhalb Monate nur Physio- und Ergotherapie. Jetzt ist wieder alles gut. Angst hat der 16-Jährige keine, Respekt schon. Zwölf Mal war Fynn Koenen mit seinem Vater in diesem Jahr bereits in den Bergen. Er nimmt an Europacups teil, liegt in der Weltrangliste auf Platz 220. In Deutschland ist er Sechster. Koenen sagt: „Mein Traum ist Olympia in vier Jahren und ein Platz unter den besten 100 der Welt.“

Der Sport hat den Schüler schon im Sommer 2017 bis nach Neuseeland verschlagen. Vier Monate lebte er dort, besuchte die Schule, trainierte in den Bergen mit Nick Brown, einem der besten Snowboarder der Welt, als auf der Südhalbkugel der Schnee fiel. Vor wenigen Tagen kehrte der Anra-ther erst aus dem Stubaital in Tirol zurück. Vater, Sohn und Frank Nouvertne sind sich sicher: Geht die Entwicklung weiter bergauf, stößt der Junge bald in höhere Ligen vor. Das wird noch mehr Zeit und Geld fordern. Dann muss auch eine größere Förderung her.

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