Sport Hingefallen, aber wieder aufgestanden

Krefeld. Marco Giorgio liegt am Boden. Er will aufstehen, kann es aber nicht. Seine Beine kann er nach einem Sturz von seinem Rad nicht bewegen. Die Musik läuft weiter, doch die Übung ist für den Kunstradfahrer des Hülser SV bei der Landesmeisterschaft in Rösrath beendet.

Hoch auf dem Kunstrad: Der Hülser Marco Giorgio.

Hoch auf dem Kunstrad: Der Hülser Marco Giorgio.

Foto: Oliver Stoll/Turnfestbilder

Zwei Stunden lang kann Giorgio seine Beine nicht bewegen.

Doch die schlimmsten Befürchtungen treten nicht ein. Der 25-Jährige sagt etwas cool: „Ich hatte einen sehr guten Arzt. Der hat mich behandelt. Dann hat es Knack gemacht. Ich hatte Geduld und Lockerheit.“

Der eingeklemmte Nerv ist wieder frei. Doch noch wochenlang schlägt sich der Deutsch-Italiener mit Schmerzen herum. Die Lendenwirbel drückten auf die Bandscheibe. Giorgio stützt sich zunächst auf Krücken statt auf sein Kunstrad. Das Training muss warten. Er sagt: „Es hat drei Monate gedauert, bis ich muskulär und mit der Ausdauer wieder auf der Höhe war.“ Diese Vorgeschichte ist wichtig, wenn man auf die Aussichten des Krefelders bei der Hallen-Radsport-Weltmeisterschaft an diesem Wochenende in Stuttgart zu sprechen kommt.

Durch Erfolge bei europaweiten Turnieren des internationalen Radsportverbandes UCI hat sich Georgio in der Weltrangliste hochgearbeitet, bei der WM will er „unter die besten Zehn.“ Für ihn sind es die bereits neunten Weltmeisterschaften. Auch dort kann er weiter Weltranglistenpunkte sammeln, um das Jahr 2016 vielleicht sogar als Bester abzuschließen. Das ist sein großes Ziel. Doch nach seiner Verletzung bleibt er mit der Formulierung derlei Ambitionen bei der WM zurückhaltend. Einen Podiumsplatz hält er jedoch für möglich.

Seit Jahren bereist Marco mit seinem Vater Michele nun schon den Kontinent. Der italienische Verband FCI greift ihm bei den Welttitelkämpfen mittlerweile mit Fördergeldern unter die Arme. Zuletzt war der 25-Jährige sogar bei einem Medizincheck beim italienischen Olympiaverband Coni in Rom. Doch das Budget für den Radsport bleibt beschränkt. Erst recht für die Nischensportart Kunstradfahren. So sponsert Vater Michele immer noch die eine oder andere Reise durch Deutschland oder Europa. Immerhin muss Giorgio nicht mehr seine Kür in einem Fußballtrikot der Azzurri vortragen, wie er es vor ein paar Jahren noch tat.

Der selbstständige Athletik-Trainer, der seit zwei Jahren dem Hülser SV angehört, hat unter der Woche nur noch wenig Gelegenheit zu trainieren. Die Halle in Hüls ist oft belegt. Das macht seine Mission nicht einfacher. Zudem gibt es keinen Kunstrad-Verein in Krefeld mehr. Als Einzelsportler einer Nischensportart hat er es weiterhin schwer, überhaupt gesehen und gehört zu werden. Der Hülser sagt: „Man merkt, dass mögliche Sponsoren lieber Mannschaften unterstützen.“ Giorgio sieht sich ohnehin nicht bloß als Botschafter Italiens, sondern auch seiner Heimatstadt Krefeld. Mehr Entgegenkommen wünscht sich der 25-Jährige: „Ich vertrete auch Krefeld mit Ehre und Stolz. Bei Ehrungen und Empfängen ist man gerne gesehen. Aber es kommt oft wenig zurück.“

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