Heimatbund in Uerdingen: Immer auf Spurensuche

Mit 900 Mitgliedern ist der Heimatbund in Uerdingen eine Institution. Das Archiv des Vereins reicht zurück bis ins 16. Jahrhundert.

Heimatbund in Uerdingen: Immer auf Spurensuche
Foto: Andreas Bischof

Uerdingen. „Krefeld ist — mit Uerdingen und allen seinen Stadtteilen — eine Stadt, die sich durch eine bemerkenswerte Vielfalt auszeichnet.“ Fast klingt es wie ein Zugeständnis von einem Uerdinger Urgestein namens Elmar Jakubowski, das sicher nicht ganz selbstverständlich ist. Fühlt man sich in der Rheinstadt doch auch Jahrzehnte nach der Eingemeindung noch längst nicht als Krefelder, sondern gerne — und durchaus selbstbewusst — eigenständig.

„Uerdingen hat Lebensqualität. Hier sind Kitas und Schulen, Arbeitsplätze in der Großindustrie. Es gibt Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, wir haben ein Krankenhaus, gute Arztpraxen und eine funktionierende Verwaltung. Hier fahren Busse und Bahnen — von Uerdingen aus hat man Anschluss an die große, weite Welt. Seit ich hier lebe, fahre ich kein Auto mehr“, hält Rosemarie Göldner ein Plädoyer für ihre Heimatstadt.

Rosemarie Göldner ist Mitglied des Uerdinger Heimatbundes, der mehr noch als in der Gegenwart in der Vergangenheit lebt. Das Archiv des Vereins reicht viel weiter zurück als bis ins Jahr 1929, als Uerdingen noch eine eigene Stadt am Rhein war. Rosi Dufeu ist „die Herrin über das Archiv“, wie Elmar Jakubowski sie scherzhaft nennt. Für den Vorsitzenden des Uerdinger Heimatbundes ist die 70-Jährige, die seit Jahren ehrenamtlich und mit großer Leidenschaft die Zeitungsausschnitte, Bilder und Karten, die vom 16. bis ins 18. Jahrhundert datieren, pflegt, „eine von vielen guten Seelen des Vereins“. 100 verschiedene Rubriken — von Industrie über Schule und Kirche, Brauchtum, Uerdinger Bürger und den Rhein — finden in 252 Schubladen Platz. Und das seit dem Frühjahr nicht mehr im Brempter Hof, sondern im Bügeleisen.

In den vergangenen Monaten haben die Mitglieder des Heimatbundes die Sammlungen und Archive in den Kellerräumen verstaut, das Industrie- und Heimatmuseum im Dachgeschoss eingerichtet. Trotzdem: Auch wenn das historische Gebäude am Zollhof seit zwei Jahren saniert wird — das Bügeleisen ist noch immer eine Baustelle. Was fehlt, ist ein atmungsaktiver Außenanstrich, „der soll noch dieses Jahr kommen“, hofft Jakubowski. Auch die Fassade soll unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes saniert werden. Dafür ist der Verein auf Spenden angewiesen.

Die Geschichte des Bügeleisens ist für Uerdingen von historischer Bedeutung. „Die Dönekes von Familie Zünskes, die vor 1700 dieses Haus bewohnte, haben sich über die Grenzen der Rheinstadt hinaus herumgesprochen“, betont Jakubowski. Die Stadtführungen von Dietmar Ortmanns, einer weiteren guten Seele des Vereins, „finden regen Zuspruch, besonders aus Düsseldorf“, erzählt der Heimatbund-Vorsitzende. Da berichtet Ortmanns dann etwa, wie Familie Zünskes zur Uerdinger Kirmes, die eine fast 600-jährige Tradition in der Rheinstadt hat, die ganze Verwandtschaft ins Bügeleisen einlud und dort dann 32 Personen gemeinsam auf 108 Quadratmetern wohnten.

Dann sind da Rosemarie und Dieter Rehbein, „das geschichtliche Gewissen“ des Heimatbundes. Ungezählte Nächte hat sich Rosemarie Rehbein schon um die Ohren geschlagen, um zehntausende Bilder für das Archiv zu digitalisieren. Sie dokumentieren auch, dass die Brauerei Tivoli das Gebäude am Zollhof Anfang der 1960er-Jahre gepachtet hatte und sich darin anschließend über Jahrzehnte eine Gaststätte befand. Von 2010 bis 2015 stand das Bügeleisen leer, sollte abgerissen werden. Nicht mit den Uerdingern. „Wir haben uns gewehrt, das Bügeleisen sollte bleiben!“, erinnert sich Jakubowski. Das Bügeleisen blieb.

Eine sechsstellige Summe hat der Verein bereits in die Sanierung des Gebäudes gesteckt, „Firmen und Privatleute haben uns finanziell unterstützt“, betont der Vorsitzende, denn: „Das wäre sonst nicht möglich gewesen.“

Dabei geht es den Mitgliedern des Uerdinger Heimatbundes vor allem um eines: Geschichtsbewusstsein. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Heimatgeschichte zu erforschen, Brauchtum wie das Eierkippen, Karneval oder Sankt Martin wachzuhalten.“ Für die Uerdinger und die vielen Zugezogenen — getreu dem Wahlspruch, der sich heute noch an einem Wappen am alten Rathaus findet: „Gott schützt; Der Erzbischof möge fördern; Und der treue Uerdinger möge seine Stadt ehren.“

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