Krefeld So schön war die alte Markthalle in Krefeld

Herbert Füngerlings war beim Wiederaufbau der Markthalle an der Friedrichstraße in Krefeld beteiligt. Der 86-jährige Architekt erinnert sich.

Hüls/Mitte. Die Markthalle ist für viele ältere Krefelder ein Begriff. Vor allem für Herbert Füngerlings. Der Ur-Hülser Architekt hat in jungen Jahren an der Friedrichstraße die im Krieg weitgehend zerstörte Markthalle neu mitaufgebaut. Faktisch spricht er deshalb von der neuen Markthalle. „Darüber hat es nach der Verlosung in der WZ ’Wer kennt dieses Gebäude und gewinnt beim Bilderätsel?’ hier am Tisch vor kurzem noch lebhafte Diskussionen gegeben“, erzählt der 86-Jährige amüsiert. Während sein Besuch auf dem Namen alte Markthalle beharrte, spricht er von der neuen.

Krefeld: So schön war die alte Markthalle in Krefeld
Foto: Dirk Jochmann

Als frischgebackener Maurergeselle hat er damals beim Bau mitgeholfen. Die ursprüngliche Markthalle wurde Ende des 19. Jahrhunderts geplant und von 1898 bis 1900 gebaut. Eröffnet wurde sie am 1. September 1900. Die Baukosten betrugen 794 875 Goldmark.

Zwischen Friedrich-, St.-Anton- und Königstraße lag die hohe Halle, dort wo heute C&A angesiedelt ist. „Der in seiner Eisenkonstruktion klar gegliederte Raum bot den Anblick eines riesigen Stillleben, vom niederrheinischen Kappes bis zu den exotischen Früchten in vielerlei Farben und Formen komponiert.“

Es ist der 1993 verstorbene bekannte Maler, Grafiker, Pressezeichner und Essayist, Ernst Hoff, der in einem Zeitungsartikel von 1970 bei der Beschreibung der alten Markthalle ins Schwärmen gerät: „Durch einen breiten Mittelgang und zwei seitliche Passagen konnten die Besucher ohne Hast und Gedränge durch die Markthalle wandeln. An der Südseite hatten die Metzger ihre käfigartigen Stände. Der geruchsintensive Käsehandel war oben auf einer Galerie an der nördlichen Längswand etabliert, durch die man auch in die kleinere, in sich geschlossene Fischhalle gelangte.“ Durch zwei Eingänge konnten die Krefelder sie betreten und wieder verlassen. Der Haupteingang mit großem Torbogen lag an der Friedrichstraße, der kleinere gegenüber an der Königstraße.

„Sie war traumhaft schön“, sagt Füngerlings aus seiner Erinnerung, der als Kind bei Besuchen in Krefeld mit seiner Tante regelmäßig dort einkaufte. „Dort waren die angesehensten Leute Krefelds anzutreffen.“

In einer Bombennacht des Jahres 1942 wurden Teile der alten Markthalle zerstört, was die Händler nach dem Krieg nicht davon abhielt, dort, auch ohne Dach ihre Waren wieder anzubieten. „Die Krefelder Firmen Rosteck & Pesch sowie Wahlefeld haben damals den Auftrag gekriegt, die Markthalle an derselben Stelle wieder aufzubauen.“ Und Herbert Füngerlings war als Geselle dabei.

Er packte mit an, als die Händler für diese Zeit in ein provisorisches Riesen-Zelt auf dem heutigen Theaterplatz umzogen. Er packte mit an, als die Reste der alten Markthalle abgerissen und die alten Giebel aus schwerem Naturstein an der König- und Friedrichstraße mit Hilfe eines Lkw und eines Drahtseils ins Innere der Halle gezogen wurden, damit der schwere Schutt nicht auf die neuen Straßen fiel. Und er zog die neuen Fundamente ein, baute die moderne Stahlhalle mit auf. „Was wir dort an Alkohol konsumiert haben, 32 prozentigen Schnaps, ist heute undenkbar“, erzählt Füngerlings. Dem Bauwerk hat es nicht geschadet.

Unvergesslich bleibt für ihn das feucht-fröhliche Eröffnungsfest am 2. Februar 1951. In einem großen Restaurant auf der Breite Straße wurde der gelungene Wiederaufbau mit Handwerker, vor allem aber auch mit der Krefelder Politik gefeiert. Dass er diesen Tag trotz zahlreicher folgender Richtfeste in seiner späteren Architekten-Laufbahn nicht vergessen hat, liegt auch an einem besonderen, blauen Tuch, das Fritz Huhnen vermutlich gestaltet hat.

Es zeigt Handwerker, Zimmerleute und einzelne Szenen des Aufbaus und trägt den Aufdruck „Markthalle Krefeld — 2. Februar 1951. „Alle bekamen bei der Feier zur Erinnerung dieses Tuch“, sagt Füngerlings und legt es als Beweis beim Gespräch auf den Tisch. An manchen Stellen ist es geflickt, denn statt es zu verlegen, hat er es seiner Frau Elisabeth geschenkt, die es nach eigenem Bekunden viel und gerne getragen hat.

Die Zeit der neuen Markthalle an alter Stelle währte nicht lange. Das in der Nachbarschaft liegende Kaufhaus Tietz (der spätere Kaufhof) zog weg an den Neumarkt. Die Zahl der Standinhaber in der Markthalle schmolz in nur wenigen Jahren auf 62 zusammen.

Als der C&A-Konzern 1962 Interesse an dem Grundstück zeigte, wurde den Standinhaber gekündigt. Am 15. Februar 1965 wurde die damals älteste Markthalle Europas für den Neubau von C&A dem Erdboden gleichgemacht. Herbert Füngerlings war nicht dabei. Er hatte sich am 1. Januar 1962 als Architekt selbstständig gemacht und seine eigenen Bauprojekte im Blick.

Zum Abschied kann er sich eine letzte Bemerkung zur Markthalle jedoch nicht verkneifen: „Deren altes Glasdach hat bis zum Bombenangriff gehalten, das neue Ostwall-Dach hingegen ist schon von Anfang an kaputt.“

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