Siempelkamp bleibt im Tarif

Krefelder Mittelständler bekennt sich auch weiter zum heimischen Standort, sieht dort künftig allerdings große Veränderungen.

Gut 200 Tage vor seiner Pensionierung wirkt Hans Fechner nicht so, als würde er sich schon groß mit dem Dasein als Privatier befassen. Zu sehr scheint ihn der Drang anzutreiben, den Krefelder Mittelständler Siempelkamp am Jahresende in gutem Zustand in neue Hände zu geben. Bei der Bilanzpressekonferenz des Maschinenbauers in Düsseldorf gab er die „Abteilung Attacke“, kritisierte die Bundespolitik und stellte sich technischen wie gesellschaftlichen Fragen.

Den jüngsten Tarifabschluss in der Metallbranche mit einer Lohnerhöhung von 4,3 Prozent nennt Fechner „nicht tragbar, viele Mittelständler ächzen auf hohem Niveau“. Dennoch kündigt er an: „Ein Ausstieg aus dem Tarif ist für uns im Augenblick kein Thema.“ Die Siempelkamp-Gruppe bekennt sich hierzulande also trotz aller Kritik zum Abschluss der IG Metall.

Ebenso glauben Fechner und die Siempelkamp-Gruppe weiter an den Standort Krefeld. „Krefeld hat enormes Potenzial. Wir hoffen, dass wir bald den städtebaulichen Vertrag mit der Stadt abschließen können, um unseren Standort zu erweitern“, sagt Fechner. Dazu gehört auch eine neue Mehrzweckhalle, die Siempelkamp Ende Juni auf dem Werksgelände am Inrath in Betrieb nehmen möchte.

Mit Blick auf das starke Wachstum in Asien — derzeit sind rund 20 Prozent der knapp 3000 Beschäftigten in China und Indien angestellt, bald könnten es 30 Prozent sein — vermutet Fechner, dass „in zehn Jahren vielleicht unsere komplette Produktion dort stattfindet. Und hier in Krefeld möglicherweise nur noch Forschung und Entwicklung angesiedelt sind. Dafür sorgt die Politik schon.“

Hans Fechner, Sprecher der Siempelkamp-Geschäftsführung

Wobei er sich beim Thema Asien noch weiter an den Abgeordneten in Berlin und Düsseldorf abarbeitet. „Unsere Büros dort sind auch eine Antwort auf die Vernachlässigung der Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, Anm. d. Red.). Das ist ganz klar eine gesellschaftliche Fehlleistung“, ärgert sich der Sprecher der Geschäftsführung.

Zufrieden hingegen zeigen sich Fechner und Samiron Mondal, Geschäftsführer der größten Unternehmenssparte Maschinen- und Anlagenbau, mit den Unternehmenszahlen. Der Umsatz der Siempelkamp-Gruppe lag 2017 bei etwa 717 Millionen Euro und damit etwa zwei Prozent unter dem Vorjahresniveau. Dafür lag der Auftragseingang mit 721 Millionen Euro gut 15 Prozent über dem Wert von 2016. „Das Unternehmen ist kerngesund. Unsere Auftragsbücher sind gefüllt und wir sind voll ausgelastet“, beschreibt Fechner die Situation bei Siempelkamp.

In diesem Jahr sei die Gruppe bereits jetzt „über Plan“, rechnet erneut mit einem Jahresabschluss jenseits der 700-Millionen-Euro-Marke bei Umsatz und Auftragseingang. Für die kommenden Jahre peilt Siempelkamp „weiteres Wachstum“ an, wenngleich Fechner einschränkt: „Organisches Wachstum, also aus eigener Kraft, ist nicht wirklich möglich. Also konzentrieren wir uns auf gezielte Zukäufe.“ Diese sollen auch die Diversifikation der Gruppe vorantreiben, um sie neben dem Anlagenbau für beispielsweise Holzplatten, dem Rückbau von Kernkraftwerken oder dem Gießereibetrieb auf noch breitere Füße zu stellen. „Diversifikation ist unser Schutzmechanismus vor zusammenbrechenden Märkten.“

Generell glaubt Fechner, dass das Unternehmen auch nach seinem Ausscheiden am 31. Dezember gut aufgestellt sein wird. Ein Nachfolger sei gefunden und soll Ende Juni vorgestellt werden. „Wir denken, dass das Unternehmen weiter in guter und kontinuierlicher Form geführt werden wird.“ Fechner selbst wolle Siempelkamp beratend zur Seite stehen, aber auch „vielfältigen Hobbys“ nachgehen. Die Führungsstruktur soll beibehalten werden.

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