Erinnerung zum Weltfrauentag Diese Krefelderinnen haben Stadtgeschichte geschrieben

Ob Heilsarmeesoldatin, Leiterin eines Theaters, Bürgermeisterin oder Archäologin. Diese fünf Damen haben für Krefeld und seine Bürger Großes geleistet haben.

Sie ist bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad unterwegs: die SPD-Politikerin Eva Staudacher.

Sie ist bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad unterwegs: die SPD-Politikerin Eva Staudacher.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Es gab und gibt viele starke Frauen in Krefeld. Mütter, Künstlerinnen oder solche, die sich um das Gemeinwohl verdient gemacht haben. Ihre Leben wurden in dem Buch „Zeitgenossinnen — Frauengeschichten in Krefeld“ niedergeschrieben. Zum Weltfrauentag stellt die WZ daraus Gertrud Hermes, Inge Brand, Karin Meincke, Renate Pirling und Eva Staudacher vor.

Erinnerung zum Weltfrauentag: Diese Krefelderinnen haben Stadtgeschichte geschrieben
Foto: Archiv Andreas Bischof

Alleine der Name von „Schwester Getrud“ lässt bei vielen Krefeldern, die schon lange in der Stadt sind, schöne Erinnerungen wachwerden und zaubert sicherlich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Die „Heilsarmeesoldatin“ nahm rund 50 Jahre am Krefelder „Nachtleben“ teil, indem sie heiter, entspannt und vergnügt Spenden sammelte — stets in Uniform. Als Gertrud Hermes starb, war die Betroffenheit groß. Ihre persönliche Geschichte war bemerkenswert: Sie war als Jüngstes von zehn Kindern geboren worden. Bei der Geburt starb ihre Mutter. Das Kind kam ins Heim, wurde aber von ihrer „zweiten Mutter“, wie sie sie nennt, aufgenommen. Mit 15 Jahren beginnt sie in einer Spinnerei zu arbeiten und trägt zum Familieneinkommen bei.

Mit der Verleihung des Stadtsiegels der Stadt 1986 und des Bundesverdienstkreuzes 1990 wurde ihre Tätigkeit als außerordentliche und außergewöhnliche Sammlerin für mildtätige und soziale Zwecke der Heilsarmee gewürdigt. Andere Auszeichnungen: Die Pappköpp verewigten sie in einer Figur. Und als die Westdeutsche Zeitung in einer Leserumfrage den bekanntesten Krefelder suchte, landete sie auf dem ersten Platz, noch vor dem damaligen Oberbürgermeister Dieter Pützhofen.

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Foto: Archiv Dirk Jochmann

Inge Brand ist die Gründerin und langjährige Leiterin des Kinder- und Jugendtheaters Kresch. Die Schauspielerin kam mit ihrem Mann 1966 nach Krefeld. Der damalige Intendant Joachim Fontheim hatte sie geholt. „Es war eine sehr bekannte Zeit hier“, berichtet sie. „Der Neuenfels, Gottfried John, Elisabeth Trissenar, zu der Clique gehörte ich.“ Krefeld wird ein erfolgreicher Standort des Kinder- und Jugendtheaters. 1996 läuft das 12. Kinder- und Jugendtheater-Treffen in NRW hier.

Der damalige Bundespräsident Roman Herzog lädt Inge Brandt zum Neujahrsempfang ein. Er spricht ihr seine hohe Anerkennung für die Arbeit aus. „Wir standen für das alternative Theater“, sagte sie. „Die Leute, die sich nicht so sehr für das konventionellere Stadttheater interessierten und andere Formen suchten, kamen eben zu uns.“ Dieses Theater entstand durch die Bürger der Stadt. Und durch Inge Brand. Die frühere Intendantin entwickelte sich dann zu einer Weltreisenden. Sie frönt dabei ihrer Leidenschaft — der Fotografie. Brand hat fast die halbe Welt im Kasten: Fotos aus Libyen, Südindien, Iran, Syrien, Tannu Tuwa, Mongolei und China.

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Foto: Archiv Lothar Strücken

Die Geschichte von Karin Meincke ist die einer erfolgreichen Frau, die nach kürzester Zeit in allen Bereichen, in denen sie sich engagiert, Spitzenfunktionen einnimmt, sei es früher als DRK-Oberin oder bis heute als Bürgermeisterin. Sie selbst sagt: „Eine gewisse Lust zur Macht muss da sein, sonst kann man nicht machen.“

Sie sagt auch: „So lange ich denken kann, bin ich von starken Frauen geprägt worden. Da war meine Urgroßmutter, die ihre neun Kinder nach dem viel zu frühen Tod ihres Mannes alleine groß gezogen hat.“ Das setzte sich mit Karin Meinckes Mutter fort. Nach der Scheidung, Mitte der 50er-Jahre, war sie alleinerziehend. „Eine starke, selbstbewusste Frau, die darauf bestand, ihre Kinder allein durchzubringen. Alles, was sie konnte, hat sie in unsere Bildung investiert.“

Beide Frauen hatten trotz aller Belastungen immer noch zusätzlich Zeit für Menschen, die ihre Unterstützung brauchten. „Das Leben ist in allen Phasen wertvoll“, sagt Meincke, „Menschen haben keine Legitimation, über menschliches Leben zu verfügen. Diese Aussagen sind für mein persönliches und berufliches Handeln bindend und prägen meine ehrenamtliche Arbeit.“ Deshalb liegt Karin Meincke die Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen und deren Angehöriger „besonders am Herzen“.

Als Renate Pirling ihre ersten beruflichen Schritte begann, betrachtete man die Archäologie noch als Männersache. Dabei begann ihre Liebe zu diesem Berufsfeld durch einen Zufall. Sie aß ihr Butterbrot in einem Hörsaal, in dem die nächste Vorlesung eine archäologische war. Als erste Frau begann sie dann in Tübingen dieses Studium. 1958 entschied sie sich, kommissarisch das Krefelder Museum Burg Linn zu leiten. „Es war ja sonst niemand da“, lautete ihr Kommentar. Die junge Frau leistete Pionierarbeit. „Ich hatte unglaubliches Glück, weil meine erste Grabung ungewöhnlich erfolgreich war. Es kamen laufend die tollsten Funde aus dem Boden“, berichtet sie.

Der größte Glücksfall ist für Renate Pirling die Ausgrabung des fränkischen Fürstengrabes. Das prächtigste Fundstück ist der vergoldete und reich verzierte Helm, der seit 1979 eine Sondermarke der Deutschen Post ziert. Im Urlaub wäre sie nie irgendwohin gereist, wo es keine antiken Ruinen gibt. „Die Archäologie hat für mich etwas Faszinierendes, weil man eben Neuland betritt. Es ist wie ein weißer Fleck auf der Landkarte, den ich ausfüllen kann.“

Wenn eine bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad unterwegs war, bis in die späten Abendstunden gearbeitet und Termine wahrgenommen hat und immer zur Stelle war, wenn es etwas zu helfen gab, dann ist das Eva Staudacher, Sozialdemokratin mit Leib und Seele. Von Käte Strobel, der früheren Bundesministerin für Gesundheitswesen, bekam die junge Frau den Rat: „Die Politik ist viel zu ernst, um sie nur den Männern zu überlassen.“

Zuerst kümmerte sie sich um die klassischen Themen: Kindergartenplätze, Wohnungsprobleme, Bildung und Soziales. Schon 1979 übernimmt sie den Vorsitz im Schulausschuss, den sie über 20 Jahre innehat. „Das ist auch das, was mir am meisten Freude gemacht hat“, sagt sie. Sozialpolitik sei, mit begrenzten finanziellen Mitteln das Unmögliche doch noch möglich zu machen. Staudacher organisiert und unterstützt unendlich viele Projekte. Eines ist ihr ganz wichtig: „Das Engagement für Benachteiligte und die soziale Gerechtigkeit.“ Und die liebsten Menschen sind für sie die Kinder.

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