Sehnsucht nach den Enkeln

Katharina Dargus hat die Selbsthilfegruppe „Verstoßene Großeltern“ ins Leben gerufen. Sie selbst ist auch betroffen.

Sehnsucht nach den Enkeln
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Der Sohn hat sich von seinen Eltern losgesagt. „Das ist schon seit drei Jahren so. Jetzt haben wir endlich erfahren, warum dies geschehen ist. Ich soll zu meiner Schwiegertochter gesagt haben, dass sie keine gute Mutter sei. Dabei habe ich das nie gesagt, das ist lächerlich.“ Für die Eltern, die im Süden Krefelds wohnen, hat der Zwist eine nur schwer zu verkraftende Folge: Sie dürfen ihre beiden Enkelkinder nicht sehen. Das schmerzt.

Dass die Enkelkinder von Oma und Opa getrennt werden, ist kein Einzelfall, sondern passiert recht oft. Unter dem Titel „Verstoßene Großeltern“ hat sich deshalb vor einiger Zeit eine Selbsthilfegruppe in Krefeld gegründet. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, ist der Tenor beim Treffen an diesem Nachmittag oder: „Weil es so traurig ist, deshalb lachen wir.“

Katharina Dargus hat die Gruppe ins Leben gerufen. Die 62-Jährige weiß, wovon sie spricht, denn sie besitzt die gleiche Erfahrung wie die Anwesenden. „Der Kontakt zu meinen Enkelkindern ist mir untersagt. Ich darf sie nicht anfassen, ansprechen oder sehen, obwohl sie nur 150 Meter entfernt leben. Um die Probleme aufzuarbeiten, habe ich psychologische Hilfe in Anspruch nehmen müssen.“

Die Gründe, warum die Kinder ihren Nachwuchs von den Großeltern fernhalten, seien vielfältig und müssten individuell aufgearbeitet werden, sagt Dargus weiter. „Viele Eltern setzen bei Familienzwistigkeiten ihre Kinder als Waffe ein. Die Großeltern werden dann mit dem Entzug der Enkelkinder bestraft.“

Dabei habe auch das Enkelkind ein Recht darauf, seine Wurzeln kennenzulernen und an den Persönlichkeiten der Großeltern zu reifen, sagen die Gruppenmitglieder Gisela und Heinz Sievers. „Die Kinder sollten nachdenken, was sie ihren Kindern nehmen. Die Kleinen können ihr Recht nicht durchsetzen, und die erwachsenen Kinder äußern sich nicht.“

Meistens sind die Kinder nicht an einem klärenden Gespräch mit den Eltern interessiert. Die Erfahrung hat ein anderes Paar gemacht. Sie haben Mitarbeiter des Jugendamtes zu Hilfe genommen, um den Zwist zu klären. „Aber das Gespräch kam nicht zustande.“ Die Tochter habe sogar zu ihrer Mutter gesagt: „Ich muss die Kinder vor dir schützen, ich hasse dich.“ Eine andere erklärte sogar: „Du bist für mich tot.“

Katharina Dargus plädiert für einen „Runden Tisch“, an dem Familienrichter, Anwälte für Familienrecht, Psychologen und Betroffene teilnehmen müssten. „Die Gesetzgebung sagt, dass es zum Kindeswohl gehört, dass das Kind Beziehungen unterhält zu den Personen, zu denen es Bindungen hat. Dazu gehören die Großeltern.“

Außerdem fordert sie, dass die Familiengerichte das vom Gesetzgeber eingeräumte Umgangsrecht für Großeltern auch in der Praxis umsetzen. „Wenn Erwachsene ihren Eltern vorwerfen, wo sie als Eltern ,versagt‘ haben, und sich abwenden oder sie verachten, schaden sie sich selbst. Auch wenn vieles tatsächlich schwer und schlimm war“, sagt Dargus.

Sie hat in der Gruppe gemeinsam mit den 20 Teilnehmern viel über die Sichtweise der Betroffenen gehört und gelernt. „Dadurch ist es möglich, die eigene Einsicht weiter auszubauen.“

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