Samtweberei: Viertel erwacht zum Leben

Für einen reduzierten Quadratmeterpreis verpflichten sich die Mieter, sich im Quartier einzubringen.

Samtweberei: Viertel erwacht zum Leben
Foto: Archiv Andreas Bischof

Krefeld. Mit einer optimistischen Prognose greift Planungsdezernent Martin Linne die Stimmung der über hundert Menschen im Südbahnhof auf, die sich und ihre Ideen zur Entwicklung des Viertels zwischen Bahn und Marktstraße einbringen wollen: „Es könnten noch in diesem Jahr die ersten Projekte rund um die alte Samtweberei realisiert werden.“ Linne betont, es gehe nicht nur um die Renovierung eines alten Fabrikgebäudes, sondern um die Renovierung des ganzen Viertels. Das hat inzwischen den Namen „Samtweberviertel“. Im Februar hatte der Stadtrat grünes Licht für das Vorhaben gegeben, in das die Bonner Montag-Stiftung mehr als sieben Millionen Euro investieren will.

„Wenn alles gut geht, wollen wir im Mai mit den Arbeiten beginnen und das Pionierhaus im Herbst 2014 beziehen“, kündigt Henry Beierlorzer für die Stiftung an. Das als Pionierhaus bezeichnete fünfgeschossige Gebäude war früher Sitz verschiedener Abteilungen der Stadtverwaltung.

Dort sollen die ersten neuen Mieter einziehen. Der reduzierte Mietpreis pro Quadratmeter liegt bei drei Euro plus drei Euro Nebenkosten. Dafür verpflichtet sich jeder Mieter, eine Stunde pro Quadratmeter Mietfläche im Jahr für das Samtweberviertel, eventuell auch für das Pionierhaus selbst, zu investieren. Somit bringen die Nutzer des Pionierhauses jährlich rund 1000 Stunden ihres Know-hows für Projekte und Aktivitäten ein.

Neben diesen ersten Schritten beschäftigen sich vier Arbeitskreise auch mit langfristigen Aspekten. Themen sind dabei Ideen, Talente, Schätze, Regeln oder Geschichte und Geschichten des Viertels. Frauke Burgsdorff von der Bonner Stiftung betont den „moderat-kreativen“ Charakter künftiger Aktivitäten: „Es soll sich nicht wie am Prenzlauer Berg in Berlin entwickeln.“

Die Gründung eines Verschönerungsvereins für das Viertel gehört ebenso dazu wie interkulturelles Kochen für Jung und Alt in der Samtweberei. Andere können sich im Bereich der jetzt vorhandenen Shedhallen eine künftige gemeinsame Gartennutzung vorstellen, die für das Gemüse der Küche sorgt. Die Einrichtung einer Sozialberatung, insbesondere für junge Menschen, wird vorgeschlagen, ebenso Patenschaften für Neuzuwanderer, Straßen- oder Hinterhoffeste.

Betroffen reagieren die Teilnehmer auf den Hinweis, dass in diesem Jahr das „Fest ohne Grenzen“ eventuell nicht stattfinden kann. Der Workshop will für den Erhalt kämpfen. Die neunte Auflage des Festes ist wegen finanzieller und personeller Probleme gefährdet. Der Zuschuss der Stadt in Höhe von 1000 Euro ist den Einsparungen zum Opfer gefallen. Das Fest war Anziehungspunkt für viele Besucher, die sich über ein besseres Miteinander der Kulturen informieren konnten.

Dieses Miteinander ist auch noch ein Manko in der Zusammensetzung der Teilnehmer im Südbahnhof. Geschätzt sind etwa zehn Prozent Menschen mit ausländischen Wurzeln anwesend. Real aber sind es, das ergab eine Befragung der Montag-Stiftung, 54 Prozent im Viertel. Alleine 37 Prozent der rund 7000 Bewohner haben keinen deutschen Pass. Insgesamt werden hier 21 verschiedene Sprachen gesprochen.

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