Puppenbühne der Polizei: „Ist der Kevin jetzt tot?“

Die Puppenbühne der Polizei übt mit Grundschülern das richtige Verhalten im Straßenverkehr. Für den Hauptdarsteller endet das Stück schmerzhaft.

Puppenbühne der Polizei: „Ist der Kevin jetzt tot?“
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Und dann geht alles ganz schnell. Kevin schaut nicht richtig und rennt einfach über die Straße, dem Eiswagen hinterher. Ein Auto braust vorbei und stößt mit dem Sechsjährigen zusammen. Es kracht. Dann ist es leise. 120 Grundschüler verstummen. Die Sirenen des Rettungswagens sind zu hören. „Ist der Kevin jetzt tot?“, fragt ein Schüler in Richtung von Gottfried Wolter. „Nein“, sagt der Polizeihauptkommissar. „Ganz so schlimm ist es zum Glück nicht.“ Doch Kevin muss ins Krankenhaus. Sein Arm ist gebrochen — das tut höllisch weh.

Mit Gipsverband kehrt der sechsjährige Hauptdarsteller kurz darauf auf die Bühne zurück. „Was ist denn passiert? Was habe ich falsch gemach?“, fragt Kevin die Schüler ein bisschen ängstlich. Einer erklärt ihm: „Du hast am Stoppstein nicht angehalten und bist ohne zu gucken einfach auf die Fahrbahn gelaufen.“ Als sich die Handpuppe, gesprochen und gespielt von Polizeihauptkommissar Helmut Bott, noch mal versichert, ob das wirklich so gewesen ist, schallt ihm ein lautes „Jaaaa!“ entgegen. 45 Minuten lang hatten Kevin, sein Hund Felix und die 120 Schüler gemeinsam mit den beiden Polizisten doch immer wieder folgenden Satz geübt: „Auf dem Gehweg darf man gehen, vor dem Stoppstein muss man stehen — und zu beiden Seiten sehen. Zweimal ganz, ganz deutlich.“

Am Ende wissen die Kinder, was Kevin falsch gemacht hat. Es soll ihnen im Gedächtnis bleiben. Am besten für immer. „Das Stück soll den Kindern ein Rucksackwissen für das Verhalten im Straßenverkehr mit an die Hand geben“, sagt Bott. Das Puppentheater der Verkehrsdirektion ist seit über zehn Jahren im Einsatz. Allen Grundschulen in Krefeld wird von der Polizei das Angebot gemacht, die Vorstellung mit Kevin und Felix zu besuchen. „Wir haben das Stück selber inszeniert und auch die Puppen und Requisiten selber hergestellt“, erklärt Bott.

Das Stück setzt auf Interaktion mit den Schülern. „Wir wiederholen immer wieder wichtige Dinge“, sagt Wolter, der vor der Bühne während der Vorstellung mit den Kindern als Polizist zum Anfassen interagiert und hinter dem Vorhang der Sprecher von Hund Felix wird. Worauf muss ich achten, wenn ich über die Straße gehe, ist eine der Hauptbotschaften des Stückes. „Mit dem Wechsel vom Kindergarten in die Schule müssen sich die Kinder oftmals an neue Wege im Straßenverkehr gewöhnen“, so Bott. Um diesen gefahrlos zu meistern, muss das richtige Verhalten trainiert werden. Ziel sei es, Kinder zu sicheren Verkehrsteilnehmern zu machen. Die Puppenbühne sei dabei nur ein Aspekt.

„Viel liegt an den Eltern, die ihre Kinder 365 Tage im Jahr sehen und ihnen das richtige Verhalten vorleben müssen“, sagt Wolter. Bis auf wenige Ausnahmen würden alle Grundschulen die Einladung zur Teilnahme an den Vorstellungen annehmen.

Für die Polizisten bedeutet das zum Jahresanfang richtig viel Arbeit. Zwischen Januar und März finden fast täglich Vorführungen statt. „Zeitweise sind wir mit dem Stück immer noch in die Schulen gekommen. Doch jetzt haben wir in Linn einen dauerhaften Raum erhalten, in dem wir auftreten können.“ Maximal 140 Kinder passen in die Aula der ehemaligen Hauptschule am Danziger Platz, die dieser Tage eher einem abgedunkelten Theatersaal gleicht.

Dass das Thema Verkehrsicherheit brandaktuell ist, zweigen zwei schwere Unfälle, die in den vergangenen Monaten in Krefeld passiert sind. Und auch die Zahlen für 2016 sprechen Bände: So wurden Kinder bei Unfällen im Straßenverkehr verletzt (die Zahlen für 2017 sind noch nicht freigegeben). „Wenn wir durch das Theaterstück auch nur einen dieser Unfälle verhindern können, hat sich die Arbeit schon gelohnt“, sagt Bott.

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