Prozess wegen Kindesentzug: Arzt bleibt hinter Gittern

Die beiden kleinen Töchter werden in Jordanien festgehalten – weit weg von der Mutter.

Krefeld. Aus dem vermeintlichen Urlaub in Jordanien ist ein Alptraum geworden: Mit den beiden kleinen Töchtern (drei und fünf Jahre alt) landete die Marokkanerin mit deutschem Pass am 9. Juni dieses Jahres auf dem Flughafen der Hauptstadt Amman.

Am 6. Juli kehrte sie nach Krefeld zurück - ohne Kinder. Selbst die deutsche Botschaft konnte die Mädchen nicht finden - sie werden illegalerweise von der Familie des jordanischen Vaters festgehalten.

Der ist Arzt, hat aber keine Praxis mehr, weil ihn die Unterhaltszahlungen aus der letzten von mehreren gescheiterten Ehen in den Ruin getrieben haben sollen.

So jedenfalls äußerte sich der unter anderem wegen Kindesentzugs seit fünf Monaten in Untersuchungshaft sitzende Dr. Ali S. über seinen Verteidiger am Freitag vor dem Amtsgericht.

Aber in Jordanien verfügt er über eine Luxusvilla mit vier Bädern und einem 2000 Quadratmeter großen Garten, laut Anwalt Eigentum einer Erbengemeinschaft. Angeblich mangels Geld für vier Tickets wurde die Mutter nach Deutschland zurück geschickt.

Die Amtsrichterin muss einen "Rosenkrieg" zwischen Maghreb und Orient einschätzen. Nach deutschem Recht ist die Lage klar: Ein Krefelder Familiengericht hat zuletzt im November die Mädchen der Mutter zugesprochen. Auch sie haben deutsche Pässe.

Andererseits soll ein jordanisches Familiengericht die Kinder in die Obhut der Großmutter gestellt haben. Gerade in arabischen und romanischen Ländern genießen Väter nach der Trennung mehr Rechte als im "Mutterland" Bundesrepublik. Als Ali S. später im Juli nach Deutschland zurückkehrte, wurde er festgenommen.

Glaubwürdig und nur in Ausnahmefällen emotionsgeladen habe die Frau bei den Ermittlungsbehörden und vor Gericht ausgesagt, betont die Richterin. Die Kindesmutter ist westlich geprägt. Sie trägt kein Kopftuch. Genau dazu aber sei sie in ihrem "Urlaub" in Jordanien gezwungen worden.

Das war wohl noch das harmloseste: Sie sei vor den Augen der Kinder geschlagen und über den Boden geschleift worden. Sie habe in den Lauf einer Pistole schauen müssen. Die Mädchen seien von Verwandten ihres Noch-Gatten aufgehetzt worden; sie hätten schließlich die Mutter verachtend angespuckt.

Warum sie nicht kurz vor dem Abflug auf dem Flughafen von Amman zur dortigen Polizei gegangen sei, will der Verteidiger wissen. Und überhaupt: "Da hat sich eine einfach strukturierte Frau einen Arzt geangelt."

In seinem Plädoyer (Freispruch) stolpert der Rechtsanwalt x-Mal über seine eigenen Worte und rät sich laut selbst: "Jetzt mal langsam."

Drei Jahre ohne Bewährung fordert der Staatsanwalt. Ein Jahr und sechs Monate kommen heraus - aber Haftfortdauer wird angeordnet. Die Richterin warnt: "Solange die Kinder nicht in Deutschland sind, liegt eine Dauerstraftat vor." Aus den 16 Monaten könnten mehr werden.

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