Prozess gegen Sascha D.: Staatsanwalt fordert vier Jahre und zehn Monate Haft

Der 38-Jährige, der sich im Januar eine wilde Verfolgungsjagd mit der Krefelder Polizei geliefert hat, wartet auf sein Urteil. Der Vorwurf des Mordversuchs an einem Polizisten wurde im Prozess entkräftet.

Krefeld. Vier Jahre und zehn Monate Haft hat der Staatsanwalt am Mittwoch für den 38 Jahre alten Sascha D. beantragt, der sich - wie berichtet - am 21. Januar dieses Jahres eine halsbrecherische Jagd mit einer Streifenwagen-Besatzung lieferte.

Bei D. käme ein besonders schwerer Fall des Widerstandes gegen die Staatsgewalt in Frage - weil er nämlich den im vergangenen Oktober in Gelsenkirchen gestohlenen 18 Jahre alten Opel Astra "als Waffe" eingesetzt haben könnte.

Darüber hinaus, so der Staatsanwalt, habe sich der mit Methadon und Heroin "aufgeladene" Essener des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und der vorsätzlichen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer schuldig gemacht.

Einbezogen in seinen Strafantrag hatte der Anklagevertreter mehrere Diebstähle - vom besagten Opel bis zu Zigaretten im Wert von 23,20 Euro. Ferner hatte D. zweimal in Krefeld und einmal in Bergkamen getankt, ohne zu zahlen.

Im Hinblick auf den zunächst erhobenen Vorwurf des versuchten Mordes am Fahrer des verfolgenden Polizeifahrzeugs erklärte der Staatsanwalt: "So dramatisch, wie in den Akten geschildert, war es wohl doch nicht."

Wäre der Beamte nicht zur Seite gesprungen, wäre er nach einer Zeugenaussage "nur vom Kotflügel erfasst worden. Eine Verletzung mit tödlichen Folgen sei nicht zu erwarten gewesen. Beim Zufahren auf den Beamten habe er aber durchaus dessen Verletzung in Kauf genommen.

Zwei Jahre und zwei Monate Freiheitsentzug beantragte der Verteidiger. Sein auf einem Auge nahezu blinder Mandant habe nicht den Wagen als Waffe missbraucht, sondern mit seinen Augen stets die Lücke auf seinem Fluchtweg genutzt.

Und schließlich zeige das vom Streifenwagen aufgenommene Verfolgungsvideo, dass nicht andere Verkehrsteilnehmer zu Ausweichmanövern gezwungen worden seien, sondern der Angeklagte selbst einen halsbrecherischen "Schlenker" machte, um nach dem Einbiegen von der Grenzstraße auf die Uerdinger Straße (bei "Rot") einen Unfall zu vermeiden.

Bei den meisten Zeugen machte der Verteidiger einen "klassischen Fall von Wahrnehmungsschwierigkeiten" aus. So sei nicht eindeutig geklärt worden, ob der Polizeibeamte einmal oder zweimal zur Seite springen musste. Dem Polizeibeamten selbst will der Verteidiger weniger Glauben schenken als dem Zeugen aus Aachen, der nach dem Ausliefern von Kirchenzeitungen das Geschehen in der Sackgasse am Kaiserplatz "wie auf einer Bühne" beobachtete.

"Nun ja. Ich wollte keine Leute gefährden", erklärte Sascha D. recht nüchtern in seinem Schlusswort. "Ich habe mich in die Flucht ’reingesteigert, ohne an die Folgen zu denken." Er sei mit dem Steuern des Fahrzeugs so beschäftigt gewesen, dass er nicht nachdenken konnte. Und dann sagt er: "Mir fällt nichts besseres ein als zu sagen: Ich möchte diese Fahrt ungeschehen machen."

Das Urteil wird am kommenden Dienstag verkündet. "Wir wollen uns Zeit lassen", erläuterte Kammervorsitzender Herbert Luczak, "denn im Fall liegt einiges rechtliches Potenzial drin."

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