Politischer Aschermittwoch mit Minister und Gewerkschafter

Prominente Gäste bei CDU, SPD und FDP und eine neue ironische Präsentation bei den Grünen: „Krefeld – schöner wär’s“.

Krefeld. Helmut Linssen beließ es bei fünf Sätzen Wahlkampf. Dem Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen waren die Informationen über die Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den Landeshaushalt und die Schritte zur Bewältigung wichtiger. Beim traditionellen Fischessen der Krefelder CDU im Mercure Parkhotel im Krefelder Hof blickte er auf den 15. September 2008 zurück, auf den Beginn der Krise, die für Deutschland die schwerste seit dem Zweiten Weltkrieg ist.

Der gebürtige Krefelder beschrieb die Auswirkungen auf den Bundes- und den NRW-Landeshaushalt und die Schwierigkeiten, die mit der Bewältigung der Krise verbunden sind. Aber er machte auch Hoffnung: "2009 und 2010 stehen im Zeichen neuer Schulden, die wir machen müssen, um das zarte Pflänzchen Konjunktur aufzupäppeln. Ich rechne damit, dass wir 2011/2012 in normales Fahrwasser kommen werden. Ein ausgeglichener Landeshaushalt 2020 ist machbar." Finanzminister müssten Optimisten sein: "Für mich ist ein Glas immer halb voll, nicht halb leer." Dieser Optimismus sei nötig, um wettzumachen, was die Weltwirtschaftskrise gebracht habe.

Anhand vieler Zahlen beschrieb er die Konjunktur- und andere unterstützende Programme sowie die geplanten Investitionen auch in die Zukunft, die trotz oder gerade in Krisenzeiten wichtig seien, um wieder nach vorne zu kommen. Er betonte auch, dass bei den Bürgschaften und Kredithilfen "fast alles in den Mittelstand geflossen ist". Und mit Blick auf die finanzielle Situation der Kommunen meinte er: "Was wünschenswert ist, werden wir schieben müssen."

Der Krefelder CDU-Vorsitzende Winfried Schittges MdL hatte zuvor im Hinblick auf die heutige Ratssitzung die "wichtige Position der Krefelder CDU in Sachen Geld für die Dionysius-Spitze" betont: "Wir wollen, dass der Turm draufkommt. Das erfüllt mich mit Stolz, egal, wer das kritisiert."

Die SPD demonstriert im Landtagswahljahr den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. Sie lädt den Landesvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Guntram Schneider, als Gastredner zum Fischessen bei Herbst Pitt ein. Dabei sieht es ganz so aus, als ob der DGB den politischen Gegner ganz kurz vor der Wahl ins Haus holt.

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gilt nämlich als traditioneller Gast der zentralen Maikundgebung des DGB. Und die findet in diesem Jahr in Krefeld statt. Zugesagt hat der CDU-Spitzenpolitiker zwar noch nicht. Eine durchaus muntere Veranstaltung könnte es aber acht Tage vor der Wahl werden.

Munter war am Mittwochabend auch Guntram Schneider. Mit kraftvoller Stimme versicherte er der SPD die Unterstützung der Gewerkschaften: "Wir müssen unsere Leute mobilisieren, damit die Wahlbeteiligung hochschnellt und die Politiker gewinnen, die die Arbeitnehmerinteressen wahrnehmen und nicht die mit dem meisten Gel im Haar."

Selbstkritisch müsse man anmerken, dass dies bei der Bundestagswahl nicht der Fall war: "Wenn Gewerkschafter ihr Kreuz bei der FDP machen, ist da was schief gelaufen", so Schneider. Umgekehrt müsse die SPD zeigen, dass sie die Partei der sozialen Gerechtigkeit ist, zum Beispiel in der Steuerpolitik.

In einem einstündigen Rundumschlag geißelte der Gewerkschaftsboss Bundes- und Landesregierung ebenso wie die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Niedriglöhne, und befristete Beschäftigungen.

Wie schon zuvor von Landtagskandidatin Ina Spanier-Oppermann gab es auch von Schneider ein klares Bekenntnis zum Industriestandort: "Die Energiequelle der Zukunft heißt Einsparen. Aber auf diesem Weg brauchen wir noch die Kohle." Zum Industriestandort gehöre auch die Chemie - sie sei nicht Teil des Umweltproblems sondern Teil der Lösung.

Da hätte es von grüner Seite auch jede Menge zu sagen gegeben - im Landtagswahlkampf. Über die "Mövenpinkwart-Partei" zum Beispiel oder den "Arbeiterführer aus der Nähe von Bonn", wie Harry von Bargen, Sprecher des Kreisvorstandes, den politischen Gegnern zum Einstieg nonchalant doch noch einen mitgibt.

Der grüne Aschermittwoch in der Brauerei Wienges aber steht im Zeichen der Lokalpolitik. Satirisch nachkarnevalistisch wird diesmal die zweite Auflage der Image-Kampagne "Krefeld - schöner hier" unter dem Motto "Schöner wär’s" aufs Korn genommen. Schon der Auftritt von Günter Föller als windiger Marketing-Experte mit Kreativ-Frisur und Designer-Brille, der die elf besten "Vorschläge" präsentiert, sorgt für die ersten Lacher im fast überbesetzten Saal. Frau Anneliese B. schlage zum Beispiel vor, mit den Billig-Läden könne doch geworben werden, als "Ein-Euro-City" und dem Slogan "Stadt ingeSamt bald pleite".

Auch jeder weitere "Schöner-hier-Wunsch" - ein Hieb gegen Krefelds Politik: Da kritisiert das Anti-Feinstaub-Power-Set für Neubürger die Untätigkeit in Sachen Luftreinheit, die Köpa-Spardose als Souvenir den Zuschuss-Palast an der Westparkstraße, die Forderung nach einem "Bockumer Bypass für alle" die Verkehrspolitik.

"Wir werden dies alles in die Gremien tragen", verspricht von Bargen augenzwinkernd. "Aber das kann bekanntlich ja dauern."

Wenn die Liberalen im Landtageswahlkampf am Aschermittwoch zu Matjes und Rotbarsch bitten, dann geht es um mehr Bildung, Bürokratieabbau und die Überprüfung kommunaler Aufgaben, um den Stadtbankrott zu verhindern. FDP-Kreisvorsitzender Joachim C. Heitmann begrüßte gestern Abend im Stadtwaldhaus 86 Parteifreunde vom Niederrhein und natürlich die Kandidatinnen für die Krefelder Wahlkreise, Kerstin Jensen und Joana Horch.

Als prominenten Gast hatten die Liberalen Landtagsvizepräsidentin Angela Freimuth aufgeboten, die sich nicht gerade als Meisterin der kurzen Sätze entpuppte. Integration von Ausländern, die demografische Entwicklung, das Bildungssystem und die Verschuldung der öffentlichen Hand, das seien die Themen, so Heitmann, "mit denen man sich herumschlagen" müsse.

Für eine spielerische Förderung von Kleinkindern will sich die angehende Lehrerin Joanna Horch einsetzen. Sie möchte mehr Finanzierungsfreiheit auch für staatliche Schulen - also neben dem pädagogischen einen wirtschaftlichen Leiter etablieren. Alle zehn Jahre sollten sich gestandene Lehrkräfte in Hochschul-Seminaren fortbilden.

"Wir sind nicht Partei der Lobbyisten und der sozialen Kälte", rief die Familienrechtlerin Kerstin Jensen aus Hüls, um festzustellen, dass die Mitgliedschaft in der FDP "derzeit nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig" sei. Die Liberalen wollen in der Landesregierung den Rahmen schaffen, dass "Kinder aus bildungsfernen Schichten, Kinder von Berufstätigen und von Arbeitslosen die gleichen Chancen haben." Und: "Wir dürfen uns von Umfrageergebnissen nicht in die Knie zwingen lassen."

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