Pfarrer Hendricks kritisiert kirchliche Ehe ohne Trauschein

Die neue Regelung, nach der Paare kirchlich heiraten dürfen, ohne sich vorher standesamtlich das Ja-Wort gegeben zu haben, kommt in der evangelischen Kirche nicht gut an.

Krefeld. Seit Einführung der Zivilehe 1875 gilt: Der kirchlichen Trauung muss eine standesamtliche Eheschließung vorausgehen, ansonsten wird sie vom Staat nicht als Ehe anerkannt. Bis heute galt es als Ordnungswidrigkeit, ein Paar ohne Trauschein kirchlich zu verheiraten und konnte sogar eine Geldstrafe nach sich ziehen.

Zum 1. Januar dieses Jahres hat sich im Eherecht etwas Grundlegendes geändert: Ein standesamtlicher Trauschein ist kein Muss mehr, um sich vor dem Altar das Ja-Wort geben zu können. Die kirchliche Hochzeit und die standesamtliche Trauung stehen somit losgelöst nebeneinander.

Bei den Protestanten bleibt es wie gewohnt: Vor einer kirchlichen Hochzeit muss der standesamtliche Trauschein vorgezeigt werden. "Es ist nicht im Sinne des kirchlichen Eheverständnisses", sagt Pfarrer Volker Hendricks. Schließlich solle die Ehe lebenslang sein und auch als solche anerkannt werden. "Es ist für mich unverständlich, warum ein Brautpaar auf die staatlichen Rechte verzichten möchte."

Der einzige Ausnahmefall, den Pfarrer Hendricks für vertretbar hält, ist die Rentnerehe. "Wenn zwei Hinterbliebene sich nicht staatlich trauen lassen wollen, um nicht ihre Witwenrente einzubüßen, halte ich das für gerechtfertigt." Die kirchliche Trauung sei dann ein rein symbolischer Akt, um den göttlichen Segen für ihre Lebensgemeinschaft zu erhalten.

Bei einem "normalen" Brautpaar müssten triftige Gründe vorliegen, dass er einer nur kirchlichen Trauung zustimme, sagt Pfarrer Hendricks. Deswegen werde er solche Fälle immer erst genau prüfen. Doch Anfragen habe es bislang keine gegeben.

Der Sinn hinter der Neuerung des Personenstandsgesetzes ist fragwürdig. Dr.Anke Busch, Fachanwältin für Familienrecht, hält es für Augenwischerei: "Ein Paar, das sich zu einem solchen Schritt entschließt, möchte eine Lebensgemeinschaft aufbauen - mit allen rechtlichen Konsequenzen und Pflichten."

Sie findet, dass diese Gesetzesreform nicht richtig diskutiert worden sei. Durch die neue Regelung sei die Strafvorschrift abgeschafft worden, die immer wieder zu Konflikten zwischen Kirche und Staat geführt habe, doch über die Konsequenzen sei nicht weitreichend nachgedacht worden.

"Bei einer nur kirchlichen Trauung gelten die Partner vor dem staatlichen Recht nicht als Eheleute, sondern als nichteheliche Gemeinschaft." Sie verzichteten somit auf alle rechtlichen Ansprüche, erklärt Busch. Das bedeutet im Klartext: Keine Schutzvorschriften für den Schwächeren beim Scheitern der Ehe, keinen Anspruch auf Unterhaltszahlung, keine Steuerfreibeträge und womöglich keine ärztliche Auskunft über den "Ehepartner" im Falle eines Unfalls. Und darauf möchte man im Normalfall nicht verzichten.

Die Fachanwältin sehe daher keinen Grund für ein junges Paar auf den Schutz der Ehe durch den Staat zu verzichten.

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