Nachbar gesteht Mord an Lehrerin

Neue Linner Straße: 49-Jähriger hatte es auf Geld abgesehen. Er vergewaltigte Tania Schlößer, bevor er sie erstach.

Krefeld. Tania Schlößer musste sterben, damit sie ihren Peiniger nicht verrät: Ein Nachbar (49) hat gestanden, die Privatschullehrerin am Abend des 31. März in deren Wohnung an der Neuen Linner Straße 10 ausgeraubt, vergewaltigt und erstochen zu haben. Gerd Hoppmann, Leiter der Mordkommission, zeigte sich erstaunt über das "zielgerichtete und brutale Vorgehen" des bislang unbescholtenen, zweifachen Familienvaters. Nach seinen Angaben lässt sich der Montag durch Geständnis und Ermittlungserkenntnisse folgendermaßen rekonstruieren: Tania Schlößer verlässt gegen 16.30 Uhr die Privatschule an der Stephanstraße. Sie hat ein großes Paket mit einer Kaffeemaschine unter dem Arm - ein Hochzeitsgeschenk ihrer Kollegen, denn die 37-Jährige hatte erst am 20. März geheiratet. Etwa um 17 Uhr betritt sie das Mehrfamilienhaus an der Neuen Linner Straße und geht in ihre Dachgeschosswohnung. Das hört Dieter M., der zeitweise bei seiner Freundin im gleichen Haus lebt. Tania Schlößer und er kennen sich vom Sehen. Er will die 37-Jährige ausrauben. Tania Schlößer hat sich mit aller Kraft gewehrt
Auf Socken schleicht er ins Dachgeschoss und klingelt. Als Tania Schlößer die Tür öffnet, bedroht er sie sofort mit einem Bundeswehr-Kampfmesser und drängt sie in die Diele. Die Frau wehrt sich heftig, erleidet dabei tiefe Schnittverletzungen und geht zu Boden. Der gelernte Schlosser schiebt die Lehrerin in die Küche und verlangt Geld. Er erhält zehn Euro aus dem Portemonnaie. Das reicht dem 49-Jährigen nicht, der Tania Schlößer das Messer an den Hals setzt und nun EC-Karte und Geheimnummer fordert. Auch die erhält er. "Wo geht’s dahin?", soll Dieter M. nun gefragt und auf ein Zimmer gegenüber gezeigt haben. Das Schlafzimmer, erhält er zur Antwort. Nun zerrt er Tania Schlößer an den Haaren dorthin, verlangt, dass sie sich auszieht. Erneut setzt er ihr das Messer an den Hals. Dann vergewaltigt er die Frau.
Das Opfer hätte ihn erkannt - deshalb musste es sterben
"Ihm kam nun der Gedanke, dass die Frau ihn erkennen könnte", schildert Hoppmann. Deshalb drückt er die 37-Jährige so ins Bett, dass sie nicht mehr schreien kann. Dann stößt er ihr das Messer unterhalb des rechten Schulterblatts in den Rücken. Tania Schlößer verblutet. Seelenruhig durchsucht M. anschließend die Wohnung - so, dass er möglichst wenig Spuren hinterlässt. Nach etwa einer halben Stunde geht er. Das Blut am Messer wischt er mit einem Bettlaken ab, die Waffe wirft er in einen Gully. Mit der EC-Karte geht M. in die Stadt, hebt um 18.08 Uhr an einem Geldautomaten im Kaufhof am Neumarkt 500 Euro ab. Er trifft seine Freundin, mit der er seit neun Monaten zusammen ist, und geht zu ihrer Wohnung zurück. Dort schauen sie Fernsehserien. Anzumerken ist dem 49-Jährigen nichts. Am nächsten Tag verschwindet er. "Er sollte eine neue Arbeitsstelle antreten", sagt Hoppmann. Doch dort taucht Dieter M. nicht auf. Stattdessen geht er zur Sparkassenfiliale Sprödentalplatz/Roonstraße und hebt um 6.15 Uhr weitere 500 Euro ab. Das gesamte Geld verzockt er in einer Spielhalle, in der er Stammkunde war und wo er den ganzen Tag blieb. Die Kontobewegungen nach dem Tod Tania Schlößers lassen die Mordkommission stutzig werden. Weil die Geldautomaten nicht über Kameras verfügten, überprüfen sie die Kaufhof-Überwachungskameras - und finden auf einem Band den Mann. Dass es sich um einen Nachbarn des Mordopfers handelt, wissen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Denn bei der Befragung der Hausbewohner war Dieter M. nicht da - er hat in Krefeld noch eine andere Wohnung. "Bei der Befragung der Freundin am Abend des 1. April hatte sie uns gesagt, dass sie eigentlich ohnehin Vermisstenanzeige erstatten wollte, weil ihr Freund plötzlich weg und auch nicht bei seinem neuen Arbeitgeber erschienen war", so Gerd Hoppmann. Noch während der Vernehmung erhielt die Frau eine SMS von Dieter M., der darin einen Selbstmord ankündigte. Wegen seiner Finanznöte sei er verzweifelt, hieß es. Zwei Polizisten fuhren deshalb zu seiner Wohnung und ließen ihn wegen der Suizidgefahr ins Alexianer-Krankenhaus einweisen. Erst später, als sie die Beschreibung des Täters hörten und schließlich das Videoband sahen, wussten die beiden Beamten: "Das ist unser Mann." Der bereits wieder aus der Klinik entlassene 49-Jährige konnte daraufhin zu Hause festgenommen werden. In der Vernehmung leugnete er zunächst, gestand dann aber alles.
Die Familie des vor einem Jahr geschiedenen Krefelders ist fassungslos: "Er galt als jemand, der Konflikten aus dem Weg geht und nicht gewalttätig ist. Die Tat hätte ihm niemand zugetraut", so Hoppmann.

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