Krefeld 9,5 Jahre Haft für 114 Messerstiche

Krefeld. Der Vorsitzende Richter Herbert Luczak fordert den Angeklagten persönlich auf, zur Urteilsverkündung aufzustehen. Peter R., gebeutelt von einer schweren Lungenerkrankung, folgt der Anweisung von Herbert Luczak.

Der Fall wird im Landgericht verhandelt.

Der Fall wird im Landgericht verhandelt.

Foto: A. Bischof

Erstmals in diesem Prozess erhebt er sich. Stehend lässt er den Urteilsspruch über sich ergehen. Neun Jahre und sechs Monate Haft wegen Totschlags in einem nicht minder schweren Fall. Das Gericht entspricht mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte in ihrem Plädoyer eine Strafe von sechs Jahren und sechs Monaten Haft gefordert.

Am letzten der insgesamt vier Verhandlungstage war es die Aussage der Rechtsmedizinerin, die R.’s Opfer in der Gerichtsmedizin nach der massiven Messerattacke obduziert hatte, die sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht dazu bewegte, R. nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags zu verurteilen. Mit 114 Messerstichen in Schädel, Hals, Nacken, Brustkorb und Bauchbereich hatte der alkoholabhängige R. sein Opfer nach einem Trinkgelage in der Nacht des 5. Januar in seiner Wohnung getötet.

Ein bis zwei Liter Blut habe das Opfer verloren, was letztendlich auch zum Tod geführt hätte, erläutert die Gerichtsmedizinerin. Insgesamt habe der Getötete rund zwei Minuten gelitten. Ob er dabei jedoch bei Bewusstsein gewesen ist, könne nicht abschließend festgestellt werden. „Es gab nur passive Abwehrspuren, was darauf hindeuten könnte, dass das Opfer schon schlief, als die Tat geschah“, sagt die Medizinerin. Zudem habe man bei dem Opfer noch einen Alkoholwert von 3,2 Promille nachweisen können, was auch dazu geführt haben könne, dass das Schmerzempfinden durch die Stichverletzungen möglichweiser schwächer gewesen sein könnte. Darüber hinaus betonte sie, dass für die Tat eine enorme und vor allem entschlossene Kraft aufgewendet worden sein müsse. Dies schließe eine Tötung aus dem Affekt heraus aus.

Das Gericht kommt zu der Überzeugung, dass der Angeklagte nicht vorsätzlich grausam bei der Durchführung der Tat handelte. „Außerdem geschah die Tat spontan und fand in einem stark alkoholisierten Zustand statt.“ Auch das Geständnis des Angeklagten gleich nach der Tat hätte sich strafmildernd ausgewirkt, erklärt Richter Luczak in seiner Urteilsbegründung. Bereits bei der Anordnung der U-Haft lautete der Vorwurf gegen Peter R. Totschlag, nicht Mord. Relativ emotionslos nimmt Peter R. das Urteil zur Kenntnis. Wie auch schon an den anderen Verhandlungstagen will er zuvor gestellte Detailfragen zur Tat nicht mehr beantworten und reagiert barsch. Eine Folge langjährigen Alkoholkonsums, wie ein psychiatrischer Gutachter feststellt.

,,R. ist sehr leicht zu provozieren“, erläutert er und sieht deshalb auch kaum eine Aussicht auf Erfolg durch eine Entzugstherapie. Richter Luczak sagt dazu in der Urteilsverkündung, dass weitere brutale Straftaten unter diesen Voraussetzungen nicht auszuschließen seien. Nach eigenen Angaben trinke der Angeklagte bereits seit vielen Jahren. So auch am 5. Januar dieses Jahres, als er sein späteres Opfer nachmittags am Hauptbahnhof in Mönchengladbach kennenlernte und mit zu sich in seine Wohnung an der Sternstraße nahm. Was dann passierte, bleibt zumindest bei der Frage nach dem Motiv auch nach dem Prozess ein Rätsel. Wohl aufgrund von Streitigkeiten um die Tochter von Peter R. kommt es zum tödlichen Angriff auf seinen Besucher. Der genaue Auslöser bleibt aber unbekannt.

Nach der Tat meldete sich Peter R. zunächst bei der Polizei, um seine Tat zu gestehen, wurde aber nach eigenen Angaben nicht ernst genommen. Daraufhin informierte er seine Tochter, die, am Tatort angekommen, der Polizei die Messerattacke ebenfalls meldete. Als die Ordnungshüter an der Grenzstraße eintrafen, gesteht Peter R., was er kurz zuvor in seiner Wohnung getan hat. Über die Gründe machte er auch damals keine Angaben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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