Mobbing macht auch Krefelder krank

Immer mehr Menschen werden am Arbeitsplatz Opfer von gezielten Schikanen.

Krefeld. Es ist ein Spiel um Macht: Wenn am Arbeitsplatz plötzlich Unterlagen verschwinden, E-Mails mit Einladungen zum Meeting nicht weitergeleitet werden und eine Person im Büro demonstrativ gemieden wird, dann kann man von Mobbing sprechen. In Krefelder Büros ist es kein seltenes Phänomen.

Das englische Verb "to mob" bedeutet so viel wie anpöbeln, schikanieren, angreifen. "Mobbing und Burnout sind in meiner Praxis die häufigsten Themen", sagt die Krefelder Frauenärztin Ursula Pudell. Auch Gisa Prentkowski-Freitag, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall, ist fast täglich damit konfrontiert: "Mindestens zwei Personen pro Woche wenden sich wegen Mobbing an uns."

Die Ursachen für Mobbing sind vielfältig: Konkurrenzdenken, Neid, persönliche und berufliche Unsicherheit sind oft die Auslöser. "Aber Mobber haben eine ganz bestimmte Persönlichkeitsstruktur", erklärt Pudell. "Sie brauchen andere, um sich aufzuwerten." Auch die Opfer passen in ein bestimmtes Muster: "Oft sind es gerade die starken Persönlichkeiten, die in den Fokus geraten, weil sie sich nicht der Gruppendynamik unterwerfen."

Es sind kleine Schikanen und Intrigen, denen ein Mobbingopfer ausgesetzt ist. Auf Dauer sind sie eine enorme Belastung. Mobbing kann sogar krank machen. "Das Opfer erfährt emotionale Schäden - die gesamte Palette bis hin zur Zerstörung des Selbstwertgefühls", stellt die Frauenärztin fest.

Aber es kommt auch zu psychosomatischen und -vegetativen Störungen: "Die Opfer haben Magen- und Darmprobleme, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und depressive Verstimmungen." Wenn jemand längere Zeit Mobbing ausgesetzt ist, entwickeln sich schwere Depressionen, Medikamentenabhängigkeit oder andere Suchterkrankungen. Auch die Suizidgefahr steigt erheblich. "Viele sind danach arbeitsunfähig."

"Erst einmal muss klar gestellt werden, ob es sich wirklich um Mobbing handelt", sagt Ramona Bauer, Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht. "Nicht jede härtere, vielleicht auch unangebrachte Kritik ist Schikane." Der Nachweis von Mobbing ist schwierig. "Die Attacken bewegen sich unterhalb des Radars. Oft sind es Kleinigkeiten, die sich summieren."

Die einzelnen Aktionen sind oft in ihrer Absicht nicht beweisbar. Wenn das Opfer die veränderte Situation am Arbeitsplatz anspricht, bekommt es nur zu hören: "Ach, stell dich nicht so an, das ist doch halb so wild!"

Deswegen ist es wichtig, von Anfang an ein detailliertes Mobbing-Tagebuch als Beweis zu führen. "Schreiben Sie sich jede Kleinigkeit mit Datum, Uhrzeit und Zeugen auf, dokumentieren Sie jede E-Mail, jeden Spruch so detailliert wie möglich", rät die Juristin.

Bevor ein Mobbingopfer rechtliche Schritte in Erwägung zieht, sollte es sich Hilfe im Unternehmen suchen. "Vorgesetzte, der Betriebsrat oder die Personalleitung sind - je nachdem, wer mobbt - die ersten Ansprechpartner", sagt Bauer.

Die Erfolgsaussichten vor Gericht sind leider gering. "Es stellt sich jedes Mal die Frage nach der Kausalität", erklärt Bauer. "Es ist schwer zu beweisen, dass zum Beispiel eine Krankheit auf Mobbing zurückzuführen ist."

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