Ausländerbehörde Minderjährige Flüchtlinge: Abgeschoben wird nur in Krefeld

Die Ausländerbehörden in Mönchengladbach, Kempen, Moers, Duisburg, Essen und Kleve sind im Umgang mit jungen Flüchtlingen großzügiger.

 Die Ausländerbehörde in Krefeld wird immer wieder kritisiert.

Die Ausländerbehörde in Krefeld wird immer wieder kritisiert.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Die in den vergangenen Wochen geäußerten Vorwürfe gegen die Ausländerbehörde wiegen schwer. Vor allem die Abteilung für Besondere Angelegenheiten steht von Seiten der Wohlfahrtsverbände und des Flüchtlingsrates wegen des Umgangs mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in der Kritik. Ein 14-jähriger Albaner wurde bereits abgeschoben. In einem zweiten Fall muss das vom katholischen Verein für Soziale Dienste (SKM) angerufene Oberverwaltungsgericht noch klären, ob die angeordnete Abschiebung eines 17-Jährigen durchgeführt wird.

Während sich die hiesige Ausländerbehörde auf gültiges Recht beruft und laut Oberbürgermeister Frank Meyer auch keinen Ermessensspielraum sieht, gehen die Städte Mönchengladbach, Kempen, Moers, Duisburg, Essen und der Kreis Kleve völlig anders mit den Jugendlichen und ihren Betreuern um. Die WZ hat dort nachgefragt. Alle beurteilen die „Duldungsgewährung“, „Arbeitserlaubnis im Falle der Aufnahme einer Ausbildung“ und die „Absehbarkeit einer Abschiebung oder Überstellung ins Herkunftsland“ deutlich anders. Zum Vergleich: In Krefeld werden aktuell 172 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) in Zuständigkeit des Fachbereichs Jugendhilfe und Ausländerbehörde betreut.

35 von ihnen droht in Kürze die Abschiebung, weil sie aus sogenannten sicheren Herkunftsländern wie den nordafrikanischen Staaten, Indien, Ghana oder Albanien stammen. Weil in Krefeld der SKM als Vormund für ein Mündel keinen Antrag stellen kann, der „offensichtlich unbegründet“ ist, geht die Verwaltung laut Oberbürgermeister von einer nicht ausreichenden Mitwirkungspflicht aus.

Deshalb könne die Stadt dann auch nicht die Abschiebung eines Ausländers aussetzen. In Kempen (22 UMA), Mönchengladbach (156), Moers (55), Duisburg (315), Essen (440) und dem Kreis Kleve (40 UMA) sind in den vergangenen zwei Jahren keiner der jugendlichen oder inzwischen erwachsenen Flüchtlinge abgeschoben worden, selbst wenn sie aus „sicheren Herkunftsländern“ nach Deutschland gekommen sind. Über die Gewährung eines Asyls entscheidet nach Antragstellung das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Ebenso über die Abschiebung, wenn kein Asylgrund vorliegt. Dennoch gibt es laut SKM und Flüchtlingsrat im Aufenthaltsgesetz Möglichkeiten, einen Aufenthalt aus humanitären Gründen zu dulden. Zumindest bis zur Volljährigkeit. Ein Ermessensspielraum, der in den anderen Städten zum Tragen kommt.

Während in Krefeld vor allem der SKM, der Sozialdienst katholischer Frauen und das Kinderheim Marianum bei der Betreuung Partner der Stadt sind, ist die Aufgabe in den befragten Städten auf mehr Schultern verteilt. „In Duisburg sind es mindestens 25 freie Träger mit diesem Schwerpunkt, die ein breites Spektrum abdecken“, sagt Duisburgs Stadtsprecherin Jennifer Gräfe. In Mönchengladbach sind 129 Jugendliche bei 25 Jugendhilfeträgern in der Stadt oder im näheren Umfeld untergebracht, die restlichen 27 bei anderen Trägern an weiter entfernten Standorten. Mit welchem Träger Kleve zusammenarbeitet, richtet sich laut Stadtsprecher Jörg Boltersdorf nach dem Bedarf im Einzelfall.

Derzeit betreuen unter anderem der Caritasverband, der Verein SOS Kinderdorf, Anna-Stift und der Internationale Bund unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. In Krefeld werden die Minderjährigen, die nicht im Asylverfahren sind, teilweise in Abständen von drei, manchmal vier Wochen zwecks möglicher Verlängerung der Duldung ins Amt eingeladen. Ein Umgang, den SKM, Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingsrat heftig kritisieren. Nicht zuletzt deshalb, weil laut Caroline Frank Djabbarpour „die regelmäßigen Termine und die damit verbundenen Befragungen bei der Ausländerbehörde für die Minderjährigen und die sie betreuenden und begleitenden Personen eine erhebliche psychische Belastung“ darstelle.

Es gehe auch anders, sagt die SKM-Geschäftsführerin und schiebt hinterher: „In anderen Kommunen erfolgt die Duldung durchaus auch bis zu sechs Monaten.“ Oberbürgermeister Frank Meyer bezweifelt das und hatte im Anschluss in einem Pressegespräch erklärt: Die Krefelder Behörde verstehe das „als engmaschigere Betreuung“. Ein Blick über die Stadtgrenzen hinaus zeigt die Praxis in anderen Städten.

„UMA, für die kein Asylantrag gestellt wurde, müssen alle drei Monate bei der Ausländerbehörde die Duldungserlaubnis verlängern“, schreibt Wolfgang Speen, Sprecher der Stadt Mönchengladbach. Ebenso in Essen. In Moers sprechen in den seltensten Fällen die Jugendlichen selbst vor, sondern das Jugendamt als gesetzlicher Vertreter oder der Vormund. In Duisburg reicht die Spanne von einem bis zu sechs Monaten. Auch im Kreis Kleve sind vor allem die Vormünder Ansprechpartner für die Ausländerbehörde. Eine Praxis, die sich die freien Träger auch für Krefeld wünschen würden.

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