Mann für Feuer und Hammer

Reportage: Michael Haase schmiedet den Zaun für einen Düsseldorfer Platz. Eine Mammutaufgabe in Handarbeit.

Krefeld. Draußen am Linner Hafen lässt die brütende Hitze nahezu den Asphalt schmelzen. Drinnen schmilzt etwas ganz anderes. Zunächst die Arbeitenden in der Schmiede von Michael Haase. Jede Bewegung ist an diesem heißen Sommertag ohnehin schon zu viel. Der Schweiß perlt auf den Stirnen. Jetzt kommt’s noch schlimmer.

Ein eckiger Kasten öffnet seinen Schlund und speit ein flammendes Inferno heraus. Lehrling Nine Kleutges lässt sich nicht beeindrucken. Mit einer Zange greift sie mitten hinein ins Feuer und zieht ein glühendes Stück Eisen hervor. Auch wenn heutzutage bei Meister Michael Haase mit einer Gas-Esse statt eines Kohlefeuers hantiert wird: "Schmiede arbeiten immer noch mit Feuer und Hammer", betont der 49-Jährige. Im Prinzip also wie schon vor hunderten von Jahren.

Knochenarbeit eben, wie gleich eindrucksvoll bewiesen wird. Das feurige Etwas wird von Nine Kleutges um zwei Zaunelemente gelegt und Haase greift zum Hammer, haut mit einigen kräftigen Schlägen zu und schon sind die zwei Elemente mit einem so genannten Bund aneinander gefügt. Was so fix vonstatten geht, erfordert allerdings nicht nur Kraft, sondern vor allem Erfahrung. Ein falscher Schlag - und Haase müsste mit dem Bund womöglich von vorne beginnen.

Das, was hier so mühevoll von Tag zu Tag wächst, soll in Zukunft den Düsseldorfer Hofgarten schmücken. Ein 40 Meter langer schmiedeeiserner Zaun für das Weyhe-Denkmal lautet der Auftrag der Stadt. Haase hat mit einem Entwurf von Metall-Künstlerin Katja Kleutges bei der Düsseldorfer Bewerbung die Nase vorn gehabt. "Mit schlichtem Design. Wir wollen Herrn Weyhe ja nicht die Show stehlen", sagt Haase augenzwinkernd.

Und so wird in Kürze eine eiserne Ellipse den bedeutenden Gartenkünstler des 19.Jahrhunderts schützen. Maximilian Friedrich Weyhe hatte 1804 die Stelle des Hofgärtners in Düsseldorf angetreten, gestaltete aber auch in anderen Städten, zum Beispiel in Krefeld, Parks im Stile englischer Landschaftsgärten. Der Greiffenhorstpark und der Sollbrüggenpark gehören dazu.

Die besondere geometrische Form der Ellipse hat Haase und sein Team noch einmal vor eine besondere Herausforderung gestellt. "Da haben wir es nicht nur mit einem Radius zu tun", erklärt er die Schwierigkeit. Ein beauftragtes Büro hat daher vor Ort vermessen und der Werkstatt danach vier Radien angegeben. Anhand der Daten sind Flacheisen vorgebogen worden.

Alles übrige, also der Großteil des Zauns, entsteht in der Schmiede in Handarbeit. Da werden Vierkantstähle gebogen, Bunde heiß aufgezogen, so dass die Schrumpfspannung besondere Festigkeit erzeugt, und Nieten nach alter Tradition eingesetzt. "Ein richtiges Einzelstück eben", betont Haase mit Blick auf die Konkurrenz aus dem Baumarkt. Dort machten allein die kleineren Abmessungen der Stähle den augenfälligsten Unterschied aus. Ganz zu schweigen von Schweißnähten und aufgeklebten Nieten.

Dass dieser Qualitätsvorteil aus der Schmiede auch heute noch nur mit schweißtreibender Handarbeit zu haben ist, sei vielen Menschen nicht bewusst, berichtet Haase von seiner Erfahrung. "In der Werkstatt machen Sie das aber anders, oder?", habe ihn eine Frau mal auf einem Markt befragt, als er das traditionelle Handwerk vorgeführt hat.

Eben nicht: Und so wird jetzt wieder nicht nur das Eisen schmelzen, als Haase erneut zum Hammer greift. Maximilian Friedrich Weyhe wartet schließlich schon.

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