Lumpenpack in der Kufa: Widerstand gegen Spießbürgertum

Das Lumpenpack überzeugt in der Kufa mit Musik-Comedy zwischen lustiger Blödelei und anspruchsvollen Wortspielen.

Lumpenpack in der Kufa: Widerstand gegen Spießbürgertum
Foto: Dirk Jochmann

Als die Konfettiritter mit Namen Lumpenpack nach der Mannheimer Vorband Lampe am Samstagabend endlich die Bühne betreten, brandet Beifall des Publikums in der ausverkauften Kulturfabrik auf. Das zeigt, dass sich das Musik-Comedy-Duo in wenigen Jahren raketenartig an die Spitze der Nachwuchsstars katapultiert hat.

Die späten Mitzwanziger, Max Kennel an der Klampfe und der singende und tanzende „Indiana“-Jonas Meyer, wissen, wem sie neben ihrem großen komödiantischen Talent ein kleines Stück ihres Erfolgs mit zu verdanken haben: So begrüßten sie im Publikum das Krefelder Krähen-Ensemble, das sie vor drei Jahren für die Teilnahme am Nachwuchswettbewerb zur Krefelder Krähe nominiert hatte, den sie auch prompt gewannen.

Max Kennel vom Lumpenpack

Seitdem geht es rasant bergauf auf der Beliebtheitsskala. Das ist daran abzulesen, dass die Auftritte des dritten Tour-Programms „Die Zukunft wird groß“ bereits ausgebucht sind — bei gleichem Erfolgsrezept mit einem musikalischen Potpourri aus geistreicher Unterhaltung, aber stets locker und unverkrampft.

Mit ihrem spitzbübischen Charme und einer guten Portion Selbstironie tragen die beiden ihre Lieder, Geschichten und Gedichte vor wie früher bei diversen Poetry-Slam-Auftritten. Dabei finden sie eine ideale Mischung zwischen Humor und Nachdenklichkeit, zwischen befreiender Blödelei und wohltemperierten Wortspielen, gerne auch mit Hintersinn.

Bürgerlichem Spießertum setzen sie musikalisch-kabarettistischen Widerstand entgegen, unterstützt durch den Einsatz von viel Konfetti.

Es gibt nicht viele, zumal junge Unterhalter, die diesen Spagat zwischen Spaß und Ernst schaffen und schon nach kurzer Karriere Kultsongs entwickelt haben, bei denen die Fans wortgetreu mitsingen. „Die Fans kennen unsere Texte besser als wir selbst“, witzelt Max. Ihre fetzigen Rock-Pop-Rhythmen kommen bei ihrem weitgehend gleichaltrigen Publikum gut an. Ihre gute Laune ist ansteckend. Die Zuhörer spüren, dass das Duo nicht einfach sein Programm abspult, sondern seine überbordende Spielfreude auf der Bühne auslebt.

Natürlich verzichten die beiden nicht auf ihre Kultsongs. Zum Highlight des Abends wird „Guacamole“ gespielt, ein leidenschaftlich vorgetragenes Lied mit einem witzigen Text, der das Befinden einer ganzen Generation widerspiegelt. „Ich bin in einem Alter, in das ich nie kommen wollte“, texten sie. Und meinen Partys, zu denen man wie das Establishment Salate mitbringt und Guacamole, einen Avocado-Dip, und Mozzarella-Kügelchen. „Heute bringt keiner mehr Bier mit, raucht keiner mehr und man pinkelt im Sitzen“, beklagen sie den Verlust liebgewordener Unsitten. Zum Reigen der Kultlieder gehört auch „Heilpraktiker“, bei dem sich das Publikum zwischen Mitsingen und Lachen entscheiden muss. Beispiel: „Heilpraktiker, verlacht und verkannt, im Mittelalter hätte man euch verbrannt.“

Das neue Programm überzeugt textlich und musikalisch mit eigenen Kreationen. Da ist das Endzeitszenario mit Bomben über Hüls im Jahr 2046. Und da ist die in der AfD wiederauflebende Geschichte der Eva Petry, die sich als Wortspiel aus Hitlergespielin Eva Braun und Frauke Petry entpuppt. Gefolgt von der Geschichte über die 14-jährige Miriam aus der Zahnspangengeneration, die „Herz über Kopf“ hört und unter der Kuratel ihrer Eltern steht. „Miriam, das sind keine Probleme, spar’ dir die Tränen, wenn das Internet mal wieder zu langsam ist“, intoniert das Lumpenpack — um mit einem fulminanten Rap das Ende einer herausragenden Vorstellung einzuleiten, bei der das Publikum neuerdings ohne Stühle auskommen muss.

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