Lebendiger Ort der Erinnerung

Krefelds ruhmreiche textile Vergangenheit erlebt an der Luisenstraße ihre Auferstehung.

Krefeld. Samt und Seide sind die Tuche, aus denen Krefelds Vergangenheit gemacht ist. In den Uniformen für Garnisonen des Alten Fritz, im Samt für die Aussteuer der Bleistift-Erbin Faber-Castell oder heute im Stoff für ein Stadion in Kapstadt liegt die Bedeutung der Samt- und Seidenstadt.

Auch für Kirchen haben Krefelder Firmen gewebt, und so ist die ehemalige Paramentenweberei Gotzes an der Luisenstraße ein Spiegel der Textilgeschichte. Als Museum "Haus der Seidenkultur" ist der Betrieb auferstanden - hier können die Weber heute noch weben wie einst.

Wer den Handwerksberuf vor Jahrzehnten gelernt hat und weiß, was es auf sich hat mit der Jacquard-Weberei, dem Samtweben oder dem Weben von Bändern, ist heute ein alter Herr. Jeweils am Sonntag zeigen diese betagten Handwerker den Museumsbesuchern ihre Kunst.

Im Obergeschoss des Hauses steht ein Regal mit leuchtenden Fäden, weiter hinten liegen Spulen, Spindeln, Haspeln. Das ist eine Welt für sich, mit eigenem Vokabular, die sich aber nicht abschottet, sondern öffnet.

Das verdankt Krefeld einem eigentlich fachfremden, aber begeisterten Mittelständler. Hansgeorg Hauser hat sich im Fast-Ruhestand dem Museum an der Luisenstraße zugewandt. Seit fünf Jahren führt er den Vorsitz des Vereins und hat seither zahlreiche Ausstellungen präsentiert. "Sie sollen mit Krefeld und der Umgebung und mit Textilien zu tun haben", erklärt Dieter Brenner. Seit Juni ist er als Assistent des Vorstands beim Verein angestellt. Der Journalist ist der einzige auf der Gehaltsliste.

Brenner hat jüngst ganz zufällig die Witwe Hermann Kampendonks getroffen und ihr eine Ausstellung zu seinem 100-Jährigen vorgeschlagen. Im Gespräch kam er gleich auf eine weitere Idee: Heimarbeit steht im Mittelpunkt des nächsten großen Projekts. Zu manchen Ausstellungen gibt das Haus auch Kataloge heraus: Hier wünscht Brenner sich Sponsoren, mit deren Hilfe das für jede Präsentation möglich wäre.

Geld wird auch dringend für die Restaurierung des Samtwebstuhls gebraucht: "Die Kosten der Instandsetzung werden von Experten auf 20000 bis 30000 Euro geschätzt", sagt Brenner. Der Verein hat 8000 Euro zusammen.

Der Samtwebstuhl ergänzt die vorhandenen Webstühle: "Wir sind ein authentischer Ort der Erinnerung an die textile Vergangenheit", sagt Brenner. "Hier können zum Beispiel Schulklassen live und in Farbe erleben, wie ihre Vorfahren gearbeitet haben."

20 Aktive sind ehrenamtlich dabei, diesen Schatz zu hüten und kenntnisreich davon zu erzählen. Jederzeit kann man im Haus der Seidenkultur um einen Termin bitten: "Sie kommen hier immer herein", sagt Brenner.

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