Maria-Montessori-Gesamtschule Lebendige Geschichtsstunde: Zeitzeugin berichtet von Nazi-Zeit

Zeitzeugin Eva Weyl berichtet in der Montessori-Schule von Nazi-Zeit.

Maria-Montessori-Gesamtschule: Lebendige Geschichtsstunde: Zeitzeugin berichtet von Nazi-Zeit
Foto: Jochmann

Krefeld. „Meine Geschichte ist eine ‚happy story’, denn meine Eltern und ich haben überlebt.“ Mit dieser einfachen Feststellung beginnt Eva Weyl ihre Erzählung. Die nachfolgenden eindrücklichen Schilderungen ihrer Lebensgeschichte und der Geschichte der Judenverfolgung, die persönlichen Bilder und geschichtlichen Dokumente machen die Zuhörer sehr betroffen und es ist still, sehr still im Raum.

In der Aula der Bischöflichen Maria-Montessori-Gesamtschule lauschten 200 bis 300 Schülerinnen der Jahrgangsstufen 9 bis 11 gebannt dem Vortrag der Jüdin Eva Weyl, einer Überlebenden des Durchgangslagers Kamp Westerbork in den Niederlanden.

Eva Weyls Eltern emigrieren kurz nach Hitlers Machtübernahme von Kleve, wo ihr Vater ein großes Kaufhaus in der Innenstadt besitzt, nach Arnheim, da die nationalsozialistische Propaganda unter der Parole „Die Juden sind unser Verderben“ immer mehr Anklang in der Bevölkerung findet. Dort wird Eva 1935 geboren. Mit fünf Jahren erlebt sie den Beginn des Zweiten Weltkrieges. Im Mai 1940 besetzt die deutsche Wehrmacht die Niederlande. 1941 wird Eva mit ihrer Familie in das Kamp Westerbork in der Nähe von Groningen deportiert. Voller Sorge um die Zukunft näht Evas Mutter die Diamanten der Familie in die Knöpfe des Mantels ihrer Tochter ein. Heute trägt die 81-Jährige einen der Diamanten, eingearbeitet in einen Ring, an ihrem Finger.

In Westerbork gibt es ein Krankenhaus, eine Schule, ein Orchester und Theateraufführungen. „Dies alles war trügerischer Schein, in Wahrheit war das Lager ein grausiger Ort, ein Vorportal von Auschwitz“, sagt Weyl und schildert, wie auf einer Fläche, groß wie fünf Fußballfelder, bis zu 20 000 Menschen untergebracht sind.

Es ist kalt, Männer und Frauen werden voneinander getrennt, geschlafen wird in Baracken auf Stapelbetten. Jede Woche wird eine Liste mit den Namen derjenigen erstellt, die mit dem Zug in die Vernichtungslager abtransportiert werden. Den Gerüchten über die Vergasung der Juden habe man aber in Westerbork nicht glauben können. Niemand weiß von der Wannsee-Konferenz, auf der im Januar 1942 die industrialisierte Vernichtung von sechs Millionen Juden, von Homosexuellen, Sinti und Roma besprochen wird.

Seit fünf Jahren besucht Eva Weyl Schulen in NRW mit dem Ziel, jungen Leuten so viel wie möglich über die NS-Zeit und die NS-Verbrechen zu erzählen, wobei sie immer betont: „Ihr und Eure Eltern seid nicht verantwortlich für die Vergangenheit, wohl aber für die Gegenwart und Zukunft.“

Den Bezug zur Gegenwart stellen die Schüler in der Fragerunde her und fragen nach ihrer Einschätzung der AfD. „Die Afd ist wie Wilders, Le Pen und Trump eine große Gefahr für die Demokratie. Ich habe Angst und deshalb ist es sehr wichtig, dass Ihr die richtige Wahl trefft“, sagt Eva Weyl.

Mit langanhaltendem Applaus bedankten sich die Zuhörer für die berührende und lebendige Geschichtsstunde.

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