Interview Marc Blondin: „Konservativ ist nicht dasselbe wie rechts“

Die WZ hat mit den Landtagskandidaten der CDU über Facebook und Halide Özkurt gesprochen.

Interview: Marc Blondin: „Konservativ ist nicht dasselbe wie rechts“
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Die Krefelder CDU plagt sich mit internen Strömungen und Querelen, zeitgleich sollen ihre Hoffnungen für die NRW-Landtagswahl in die Spur finden. Die WZ spricht mit den Kandidaten, Parteichef Marc Blondin und der kommissarischen Fraktionsvorsitzenden, Britta Oellers, über ihre Strategie, Abgrenzung zu den Populisten, parteiinterne Baustellen und Dinge, die sie in Krefeld dringend verbessern möchten.

Frau Oellers, Herr Blondin, sind Sie „Volksverräter“?


Britta Oellers: Nein.
Marc Blondin: Sie sind ja auch nicht Lügenpresse. Solche Begriffe vergiften die politische Debatte.

Viele Bürger fühlen sich unverstanden, nicht mitgenommen, übervorteilt. Sie laufen den Populisten in die Arme. Hat die CDU als konservative Kraft ihr Profil verloren?

Oellers: Die CDU gründet sich auf drei Säulen, eine davon ist die konservative. Zu unseren Grundpfeilern gehören aber auch das Liberale und nicht zuletzt das Christlich-Soziale - oder kurz: das „C“ in unserem Parteinamen. Deswegen ist es auch aus unserer Sicht richtig, Menschen in Not zu helfen. Genauso ist es richtig, dass Menschen, die unsere Hilfe missbrauchen, mit den Konsequenzen leben müssen, die daraus entstehen. Die CDU sagt so etwas doch auch nicht erst seit kurzem, sondern Prinzipien wie das „Fördern und Fordern“ sind seit jeher Teil unseres Profils. Auch wenn Populisten — in ihrer sehr einfach gestrickten Welt — etwas anderes behaupten.

Blondin: Diejenigen, die anfällig sind für rechtspopulistisches Gedankengut, sind meist gar keine Konservativen. Oft trumpfen solche Parteien am ehesten in den Stammbezirken der Linken auf.

Die Schärfung des konservativen Profils beinhaltet immer die Gefahr, Grenzen zu überschreiten. Wohin grenzen Sie sich eindeutig ab?

Oellers: Wer konservativ ist, der bekennt sich mit voller Überzeugung zum Grundgesetz und zur Demokratie. Wer unter „konservativ sein“ etwas anderes versteht, der sollte sich mit dem Begriff genauer auseinandersetzen.

Blondin: Konservativ ist nicht dasselbe wie rechts. Der Wertkonservative vertraut dem Individuum, der Familie, den kleinen menschlichen Gemeinschaften. Der Rechte ruft lieber nach dem autoritären Staat. Für den Konservativen haben alle dieselbe Würde, während der Rechte ständig Gruppen bildet — „die“ und „wir“, minder- und höherwertig, Masse und Elite. Konservative nehmen die Dinge zunächst einmal, wie sie sind. Rechte sind anfällig für bizarre Thesen jeglicher Art. Das ist ein ganz anderes Welt- und Menschenbild.

Stichwort Social Media: Gerade hier ist der Ton rauer, tummeln sich die Populisten, gibt’s Prügel für die Politik. Wie gehen Sie damit um, auch im Wahlkampf?

Oellers: So wie bei jeder vernünftigen Diskussion in der realen Welt: Wer unter der Gürtellinie beschimpft, rumschreit oder ausfällig wird, der verliert unsere Aufmerksamkeit. Wenn jemand diskutieren will und gute Argumente hat, dann hören wir ihm zu. Das gilt jederzeit, nicht nur in Wahlkämpfen. Der Vorteil an der Auseinandersetzung mit den neuen Marktschreiern der Republik ist, wenn man so will, dass wir als gesamte Union gefordert sind, für unsere Überzeugungen zu kämpfen.

Blondin: Im Grunde ist es dasselbe Phänomen wie bei den hergebrachten Medien auch: Am Telefon sind manche mutig, während sie Auge in Auge so klein sind mit Hut. Grundsätzlich ist die Demokratisierung der Medien aber eine gute Sache. Meinungsfreiheit gilt zum Glück auch für die, die auszuhalten manchmal schwerfällt.

Trotzdem wollen Sie, Herr Blondin, als Parteichef den Ausschluss des einfachen CDU-Mitglieds Gerald Wagener erwirken. Schießen Sie da nicht mit Kanonen auf Spatzen?

Blondin: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich dazu mit Blick auf das laufende Verfahren derzeit nicht äußern möchte.

Wie sieht Ihr eigener Wahlkampf aus? Analog, digital, beides?

Oellers: Klar beides. Wer heute nicht auf Facebook unterwegs ist, der verpasst es, dort mit Bürgern in Kontakt zu kommen. Gleichzeitig ist die persönliche Ansprache immer noch am überzeugendsten.

Blondin: Wissen Sie, was für mich der Höhepunkt des Wahlkampfs ist? Unser Fahrdienst ins Stimmlokal am Wahltag selbst. Dort machen sich 90-Jährige auf den Weg, die seit 1947 bei jeder Landtagswahl dabei waren. Das imponiert mir mehr als alle Facebook-Klicks zusammen.

Haben Sie Angst in der Tiefgarage unterm Rathaus?

Oellers: Wie immer im Leben ist bei schwierig einzuschätzenden Situationen Vorsicht ratsam. Wir können sehr gut verstehen, dass Menschen in der Tiefgarage Angst empfinden. Deswegen wollen wir als CDU auch mehr für die Sicherheit in der Tiefgarage tun.

Blondin: Es fällt oft das Schlagwort von der „gefühlten Kriminalität“, so als sei das etwas völlig Irreales. Wenn die Leute sich unsicher fühlen, dann müssen Politik und Behörden darauf reagieren. Statistiken sind wichtig, aber niemand fühlt sich nur deshalb sicherer, weil die Statistiken auf dem einen oder anderen Gebiet einen Rückgang der Kriminalität anzeigen.

Sie fordern mehr Informationen für die Öffentlichkeit zu den Moscheebauten im Südbezirk und haben auch schon SPD-Ratsfrau und Ditib-Angestellte Halide Özkurt öffentlich attackiert. Haben Sie etwas gegen die türkischen Glaubensgemeinschaften in Krefeld?

Oellers: Nein, ich habe nichts gegen türkische Glaubensgemeinschaften. Wir wollen bei jedem größeren Bauvorhaben Informationen haben. Das ist schließlich die Aufgabe der Politik.

Blondin: Unser Ziel ist das friedliche Miteinander aller Kulturen in Krefeld. Wir dürfen jedoch auch nicht aus falsch verstandener Toleranz die Augen davor verschließen, wenn innerhalb einer Gruppe Probleme entstehen. Wenn selbst die rot-grüne Landesregierung die Zusammenarbeit mit der Ditib auf Landesebene zunehmend kritisch sieht, dann müssen wir uns für Krefeld Gedanken machen, wie das friedliche Miteinander erhalten bleibt. Hier erwarten wir besonders von Frau Özkurt auch mal eine eindeutige Erklärung und nicht nur ein Wegducken vor der Verantwortung — gerade weil sie als demokratisch gewählte Ratsfrau eine besondere Verantwortung hat.

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