Hausbesuch im Landtagswahlkamp Ina Spanier-Oppermann: Waffeln für alle Lebenslagen

Ina Spanier-Oppermann will wieder für die SPD in den Düsseldorfer Landtag einziehen. Beim WZ-Besuch serviert sie Süßes.

Krefeld. Zur Begrüßung wird erst einmal ein Kaffee aufgesetzt. Wasser, Filter und Kaffeepulver füllt Ina Spanier-Oppermann in ihre Maschine. Durchs Küchenfenster schaut sie ins Fischelner Bruch. Vor rund acht Jahren ist die SPD-Politikerin mit Mann und Sohn in das Haus im Fischelner Südosten eingezogen. Nur wenige hundert Meter trennen sie von ihrem vorherigen Domizil. Das bindet.

„Am ersten Advent gibt es bei mir Waffeln und Glühwein für die ganze Nachbarschaft. Da kommen auch die ehemaligen Nachbarn“, erzählt die 55-Jährige lächelnd. Waffeln sind offenbar ihre Antwort auf vieles: Adventswaffeln, Schulfestwaffeln — und jetzt eben „Wahlkampfwaffeln“ beim Hausbesuch der WZ.

Sie habe ein offenes, transparentes Haus, sagt die Gewerkschafterin. Das ist weniger politisches Programm, als vielmehr eine Aussage ihres aus dem Norddeutschen stammenden Ehemanns, als sich die Dame des Hauses einen Sichtschutz für die Fenster wünschte. Abgelehnt. Der Zweimaster auf der Küchenfensterbank zeugt davon, dass der Hausherr dennoch nicht verbannt wurde.

Warum auch? Ina Spanier-Oppermann sagt selbst, dass sie es liebt, wenn ihr Nachbarn im Vorbeigehen durchs Küchenfenster zuwinken oder ans Fenster klopfen und sich spontan ein Gespräch ergibt. Diese Direktheit zieht die gebürtige Recklinghäuserin an. „Die Krefelder haben uns so krass nett aufgenommen“, sagt Ina Spanier-Oppermann.

Das bedeutet nicht, dass man ihr nur Nettigkeiten sagt. Dass sie sich im Landtag beispielsweise für die Rechte von Homosexuellen eingesetzt hat, haben nicht alle Krefelder Genossen wichtig und richtig gefunden und sie das wissen lassen.

„In meiner Küche muss alles aufgeräumt sein“, sagt Spanier-Oppermann. „Ich habe es nicht gern, wenn Nippes herumsteht.“ Die Waage aus einer Krefelder Designschmiede hat da ebenso ihren Platz wie der unverwüstliche Metall-Messbecher von Kaiser. Ina Spanier-Oppermann pflegt Familientraditionen.

Mehl, Backpulver, 100 Gramm Zucker, Vanillezucker, Butter, sechs Eier, Zitrone und drei Waffeleisen werden auf der Anrichte platziert. Nach jahrzehntelanger Übung muss die Köchin nicht lange überlegen, aber ein vergilbtes, ziemlich mitgenommenes Rezept liegt trotzdem in Reichweite. Ein Ritual und eine Rückversicherung, 1988 aus der Zeitschrift „Meine Familie und ich“ herausgerissen.

„Bei anderen geht alles nach Gefühl. Ich brauche ein Kochbuch“, bekennt die Fischelnerin. Ihr Plan B. Der ist in der Politik für sie kein Thema. Spanier-Oppermann will wieder in den Landtag — und der Weg führt übers Direktmandat.

Hilfe und Unterstützung akzeptiert sie in der politischen Arbeit, nicht aber in ihrer Küche. Freunde dürfen gern zuschauen, „aber die sollen bei Gott nicht in der Küche helfen“. Angesichts ihres Landtagsmandats, des Sitzes im Rat — als Nachrückerin für Oberbürgermeister Frank Meyer — und ihres elfjährigen Sohns kommen Gäste höchstens alle drei Monate in Versuchung.

Beim Plaudern wandern die Zutaten nach und nach in die klassische Rührschüssel, die wie der 30 Jahre alte Quirl („Ein Erbstück von der Tante“) den Vorzug vor einer Backmaschine bekommt. „Ich muss Lebensmittel fühlen und riechen, da bin ich ganz altmodisch.“ Experimentierfreudig ist sie dennoch, kocht „alles, nur nicht rheinisch“, und liebt Kräuter. „Das sieht man aber nicht, weil ich immer vergesse, die Pflanzen zu gießen“, sagt sie lachend.

60 Minuten sind rum, der Teig ist fertig und fluffig, und das erste Mal wandert Ina Spanier-Oppermanns Blick aufs Rezept: Kirschen aus dem Glas, Zimtstange, ein Schuss Alkohol und geriebene Orangenschale werden aufgekocht und eingedickt: alles richtig gemacht für den roten Leckerkleks auf der Waffel.

Der Tisch, gedeckt und am liebsten mit Blumen („Ich liebe Rhododendren und Hortensien“) aus dem Garten dekoriert, steht im Wohnzimmer des modernen Niedrigenergiehauses, in dem alte Familienstücke ihren Platz haben.

„Ich versuche, Sachen zu bewahren“, sagt die 54-Jährige, die vor ihrem Wechsel in den Landtag in 2002 14 Jahre lang Betriebsratsvorsitzende war. Den Fernseher schaltet sie für Nachrichten, Dokumentationen oder Reportagen aus fernen Ländern ein. Ihre Lieblingsschauspieler Marcello Mastroianni oder Lino Ventura findet sie nur selten.

Wenn sie mal keine Akten wälzt, blättert die Frau aus dem Pott in 100 Jahre alten Lexika oder liest mit Vergnügen englische Krimis „mit schrulligen Typen und viel Lokalkolorit“.

Sportlich schlägt ihr Herz für Borussia Mönchengladbach und das Rollhockeyteam des Hülser SV. Rollhockey? „Ich bin mit Eiskunstlauf groß geworden“, erklärt sie. Wenn es heute flott gehen soll, holt sie ihr Motorrad aus der Garage, eine 650er BMW. „Die ist immer angemeldet, aber im Sommer nehme ich zu Terminen meist den Roller.“

Beim ersten Biss in die herzhafte Waffel geht es am Tisch doch noch um Politik. Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung — das sind ihre Themen. Die vielgescholtene Schulpolitik der Landesregierung wühlt Spanier-Oppermann auf. „Inklusion ist kein Spaziergang, aber sie ist notwendig. Wir brauchen einen langen Atem, um der Gesellschaft zu zeigen, was für ein Gewinn es ist, wenn alle die gleichen Chancen haben“, sagt Ina Spanier-Oppermann energisch.

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