Kunstskandal vor Gericht: Fälschungen mit Legenden?

Kunstskandal in Köln vor Gericht: Auf der Anklagebank sitzt auch Otto S. aus Krefeld.

Krefeld. Eine Viertelstunde klicken die Kameras der Journalisten in Saal 7 des Kölner Landgerichts ins Leere. Die Anwälte stehen wartend in Positur — dann kommt Helene B. (53), Enkelin des angeblichen Kunstsammlers Werner Jägers, eher unauffällig herein. Den großen Auftritt überlässt sie ihrem Gatten Wolfgang, dem mutmaßlichen Fälscher. Der 60-Jährige schlendert zu seinem Platz und gibt sich betont gelassen.

Am ersten Prozesstag schweigt das Ehepaar dann ebenso wie der Mitangeklagte Otto S. aus Krefeld, Enkel des angeblichen Krefelder Kunstsammlers Wilhelm Knops, sowie die als einzige von der U-Haft verschonte Schwester von Helene, Jeanette S.

In der 279-seitigen Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft dem Quartett vor, seit 2000 „in arbeitsteiliger Vorgehensweise gefälschte Kunstwerke“ in Umlauf gebracht zu haben. Dafür sollen die Angeklagten fast 16 Millionen Euro kassiert und sich einen „luxuriösen Lebensstil“ geleistet haben. Zumindest das Vollbad im Luxus bestritt S.’s Anwalt für seinen Mandanten.

Die Beschuldigten erfanden laut Anklage eine Herkunftslegende um die Sammlungen „Werner Jägers“ und „Wilhelm Knops“. Beide Sammler hätten sich gekannt und vor allem bei Alfred Flechtheim Kunst gekauft. „Die Großväter Jägers und Knops haben sich nie kennengelernt und auch zu keinem Zeitpunkt Gemälde von Flechtheim (. . . ) erworben“, sagt die Staatsanwältin.

Den virtuosen Pinsel habe der frühere Kunststudent Wolfgang B. geführt, der womöglich Helfer gehabt habe. Größtenteils habe die Bande verschollene Werke oder Gemälde gefälscht, von denen es keine Abbildungen gab.

Während bei den Auktionshäusern meist Helene B. einlieferte, stellte Otto S. aus Krefeld offenbar den Kontakt zu Pariser Galerien her, worüber zum Teil deutlich höhere Preise erzielt wurden. Insgesamt sollen sich die Folgeschäden auf 26 Millionen Euro belaufen. Die Anklage führte aus, wie strikt das Ehepaar B. auf Überweisungen auf ein Konto in Andorra bestanden und wie sie trotz aufkommenden Verdachts bis August 2010 weitermachten. Dann schlugen die Fahnder zu.

Bis 21. September ist nun Zeit, um die sieben Aktenbände zu bearbeiten, die nach einem Jahr von den Behörden aus Andorra und der Schweiz geliefert wurden.

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