Mode und Design Zwischen Korsett und grenzenloser Freiheit

Die Studentin Feride Keles entwirft für das Textilmuseum in Krefeld ein Kleid aus kostbarem Material.

Mode und Design: Zwischen Korsett und grenzenloser Freiheit
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Die Freiheit ist ihr Thema: Die 20-jährige Feride Keles hat ihre Ideen dazu in Stoff umgesetzt. Und zwar ihm Rahmen der Ausstellung „Seide“, die derzeit im Deutschen Textilmuseum (DTM) zu sehen ist. Zum zweiten Mal kooperiert das Haus am Andreasplatz mit der Akademie für Mode und Design (AMD), Düsseldorf. Museumsleiterin Annette Schieck zur Kooperation: „Ich mag die Ideen der AMD und schätze das Junge und Frische an den Entwürfen der Studierenden.“

In diesem Frühjahr waren die Zweitsemester gefragt, den Schnitt eines Kleides zu entwickeln. Das ist ein komplizierter, längerer Prozess, der so manchen Studierenden schlaflose Nächte gebracht hat. „Ich habe genügend geschlafen“, sagt hingegen Feride Keles lächelnd dazu, „aber es war echt eng.“ Sie gehört zu den 25 jungen Leuten, die im Studiengang Mode Design Silhouetten gefertigt haben. Zwölf Kleidungsstücke werden unter dem Titel „Silk now“ im Textilmuseum gezeigt. Einen griechischen Namen hat Keles für ihren Entwurf gewählt und mit „Das Verlangen nach Freiheit“ übersetzt.

Um die Schritte von der Aufgabenstellung bis zur Fertigstellung aufzuzeigen, hat Feride Keles in der Bibliothek des Museums ihre Präsentation vorgeführt. Sie hatte sich Frauenmode des 19. Jahrhunderts angeschaut und aus ihren Assoziationen ein Stimmungsbild komponiert. Das sogenannte Mood-Board zeigt Frauen auf dem Mond, die entweder durch Korsett und Modevorschriften eingeschnürt sind oder sich eben gerade Bewegungsfreiheit ersehnen.

Keles stellte Korsett und Reformkleid einander gegenüber und erläutert mit einer zeitgenössischen Illustration, wie der Leib einer Frau durch das Korsett zusammengeschnürt wurde. „Man hat schon damals 20 Krankheiten diagnostiziert“, hat sie recherchiert, „zum Beispiel Magersucht.“ Sie habe überlegt, wie man mit Rüschen, Kräuseln oder Falten einem Kleid Bewegungsfreiheit verleihen kann. Aus Nessel — einem naturfarbenen Baumwollgewebe — hat sie verschiedene Teile geschneidert und an die Entwürfe geheftet. „Kräusel sind ein Element wie bei einer Zwiebel“, sagt sie „sie zeigen die Schichten der weiblichen Persönlichkeit.“

In einem weiteren Schritt wurde das Kleid dann entwickelt und aus Seide genäht. „Wir haben der Nürnberger Firma Sahco Hesslein dafür zu danken, dass sie uns das Material zur Verfügung gestellt hat“, sagt Regine Hövelmann von der AMD. Sie ist verantwortlich für Mode- und Design-Management. Das Besondere: Die Stoffe sind eigentlich für Polster oder Dekorationen gedacht — das Leichte, Fluffige des Materials geht ihnen ab.

Für die Studenten ist die Verwendung des kostbaren Materials eine Herausforderung — bei Nessel kann man sich schon mal vertun, bei Seide müssen die Zuschnitte sitzen. Feride Keles hat ihr Modell aus Bahnen in Braun- und Grautönen geschneidert. „Es ist die Aufgabe, sich auch mit den Farben auseinanderzusetzen“, erklärt die Dozentin Ines Majowski, Mode Design. Für Feride Keles hat jede Farbstellung eine andere Emotion. Der vorliegende Stoff in Braun nimmt Bezug auf die Zeit der Reformkleider, die als Säcke abgewertet wurden: „Es ist trüb und die Verurteilung erniedrigte die Frauen.“

Genau dieser Einschnürung und Festlegung tritt sie mit ihrem Kleid entgegen. Die angehende Designerin schätzt an der Farbe den ungewöhnlichen Kontrast zu Braun, an der Form die Bewegungsfreiheit: „Wir haben Fotos aufgenommen — in diesem Kleid kann man sogar Tennis spielen.“ Was man erst glaubt, wenn man das Kleid von hinten sieht. Denn es hat einen enormen Rückenausschnitt, genannt „cut-out“. Und während es vorne bis zum Knöchel reicht, hat es hinten nur Knielänge. „Wir haben die Freiheit zu tragen, was uns gefällt“ sagt sie.

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