Weihnachtsmusik verbunden mit Gänsehaut und Tränen

Weil die Mutter nur ein einziges Mal für die Tochter sang oder ein bestimmtes Stück für immer mit der Oma verbunden sind, sind manche Melodien Lieblingslieder geworden.

Weihnachtsmusik verbunden mit Gänsehaut und Tränen
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Krefeld. „Schneeflöckchen, Weißröcken“ hat das kleine Mädchen wochenlang gelernt, um es im Kindergarten für den Weihnachtsmann zu singen. Dann steht er im Raum. Und es geht nichts mehr. Er ist so groß, so bärtig, so anders. Das Mädchen weint. Erst viele Jahre später werden ihr die Eltern erzählen, wer der Weihnachtsmann war: ihr Papa.

Geschichten wie diese vergisst man nie. Und so gibt es viele Menschen, die zum einen oder anderen Weihnachtslied eine besondere Beziehung haben. Sie hören Melodien und die Gänsehaut breitet sich unabänderlich aus. Die Westdeutsche Zeitung fragte Krefelder Kulturschaffende nach ihren Lieblingsliedern und was sie damit verbinden.

„Es ist ein Ros entsprungen“ zu hören ist beispielsweise für Betti Ixkes, die das Podio-Theater mitbetreibt, immer wieder ein bewegender Moment — besonders, wenn es von einer Frau gesungen wird. „Meine Mutti hat es mir vorgesungen.“ Und es war das erste und einzige Mal, dass sie ihre Mutter Elisabeth singen hörte.

1926 geboren, laut Ixkes’ Großmutter „als uneheliches Kind“, war Elisabeth im Krefelder Waisenhaus Marianum aufgewachsen. Mit ihrer klaren Stimme sang die Halbwaise zunächst dort im Chor, später im Kirchenchor. Doch eine Krankheit sollte dem ein jähes Ende bereiten. Das Mädchen verlor beim Singen immer häufiger das Bewusstsein. Es stellte sich heraus, dass sie einen schweren Herzfehler hatte.

Deshalb sang sie auch für ihre Tochter eigentlich nie. „Als ich klein war, hat sie wohl viel mit mir auf dem Arm zu Musik getanzt. Ich habe gemerkt, wie sehr sie Musik liebte.“ Aber erst als Ixkes — heute 51 — etwa zehn oder elf Jahre alt war, sang ihre Mutter für sie. „Den Anlass weiß ich nicht mehr. Aber danach hat sie mir zum ersten Mal von all diesen Dingen, von ihrer Kindheit erzählt.“ Auch, dass sie den Zweiten Weltkrieg vielleicht nur überlebte, weil sie im Waisenhaus war. Denn ihr Vater war vermutlich ein jüdischer Musiker.

Mit einem lieben Menschen verbindet auch der Krefelder Kirchenmusiker Heinz-Peter Kortmann sein Lieblingslied. „Nun freut euch, ihr Christen“ ist für den 46-Jährigen ein „sehr festliches und freudiges Lied“, das für ihn fester Bestandteil der Messe am Heiligen Abend und auch am zweiten Weihnachtsfeiertag in St. Christophorus ist. „Es gehört für mich einfach zu Weihnachten. Ich habe eine Orchesterbearbeitung des Liedes geschrieben. 1997, als meine Oma starb. Seitdem steht es jedes Jahr auf dem Programm“, erzählt Kortmann, der die handgeschriebenen Noten noch immer hütet. „Wenn ich das Lied höre, ist meine Oma dabei.“

Wesentlich jüngeren Datums und fröhlicheren Anlasses ist die Erinnerung von Robert van Beek, Vorsitzender des Vereins Kulturfabrik Krefeld, die „We wish you a merry christmas“ zu seinem aktuellen Lieblingslied gekürt hat. „Wir hatten in der Kufa das Comedy-Duo Nickelodeon zu Gast. Die beiden Engländer haben das Lied zusammen mit uns gesungen. Das hat so viel Spaß gemacht. Die waren überhaupt so toll“, begeistert sich van Beek über „das einzige englische Weihnachtslied, das auch Bezug auf das Neue Jahr nimmt“.

Für die Krefelder Krimi-Autorin Ina Coelen gibt es nur eine plausible Antwort auf die Frage nach ihrem Renner für die Feiertage: „Feliz Navidad“. Der Grund: „Weil ich so einfach ist, dass ich es mitsingen kann.“ Denn obwohl sie die Frau der Texte ist, „kann ich mir sonst keine Liedtexte merken“. Außerdem sei es nicht „so ein schrecklicher Ohrwurm, den man nicht mehr aus dem Kopf bekommt“.

Eher kritisch steht Markus „Pille“ Peerlings den meisten Weihnachtsliedern gegenüber. „Ich bin nicht so der Weihnachtsmann.“ Die klassischen möge er noch. „Aber was ich nicht leiden kann, ist diese Fahrstuhlweihnachtsliedbeschallung und wenn Stücke 207-mal laufen“, sagt der Betreiber der Kulturrampe am Großmarkt. „Last Christmas“ von Wham hab er definitiv zu oft gehört. Spätestens seitdem er vor acht Jahren auf dem Weihnachtsmarkt in Krefeld einen Stand hatte, sei es ein rotes Tuch für ihn. „Ich stand damals genau gegenüber vom Karusell.“

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