Vom Christenhasser zum Erleuchteten

Der Niederrheinische Konzertchor führt „Paulus“ auf. Der Generalmusikdirektor blickt auf das Oratorium und den Komponisten.

Krefeld. Schon Richard Wagner schwärmte vom „Zeugnis von der höchsten Blüte der Kunst“. Gemeint war „Paulus“, das erste Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy, einem der Gründer des bürgerlichen Musiklebens in Deutschland.

Dass Wagner Mendelssohns „enormes Talent“ sonst „beängstigend“ fand, hatte seine Wurzeln eher in außermusikalischen Gegebenheiten: Mendelssohn entstammte einer berühmten Philosophen- und Bankiersfamilie, musste sich zeitlebens keine finanziellen Sorgen machen, ganz im Gegensatz zu Wagner.

Mendelssohn hatte schon in frühen Jahren Erfolg als Komponist und Musiker. Als Leipziger Gewandhauskapellmeister war er derjenige, dem wir die Wiederentdeckung von Johann Sebastian Bachs Werk verdanken.

Auch sein Oratorium „Paulus“ entstand unter Eindrücken der von ihm selbst geleiteten Wiederaufführung der „Matthäuspassion“. Den berühmten Choral „Wachet auf“ können wir schon in der Ouvertüre vernehmen, ebenso ist der Aufbau eine Reverenz an Vorbilder wie Bach, Händel und Haydn.

Die musikalische Ausgestaltung des Werks ist ausgesprochen reichhaltig. Die Rezitative sind sehr plastisch gezeichnet und überaus farbig instrumentiert. Die Arien zeigen sich von einer bemerkenswerten expressiven Spannweite: Weit geschwungene Melodielinien lassen sich ebenso finden wie kleingliedrige, aber prägnante Motive, die den Soloszenen ihre Kontur geben.

Sophie Witte und Rafael Bruck, beide seit dieser Spielzeit neu im Ensemble, Simon Bode als Gast und Ensemblemitglied Eva Maria Günschmann werden uns als Solisten durch das Werk führen. Es schildert die Wandlung vom wütenden Christenhasser Saulus über den geängstigten, erleuchteten Jünger zum leidenschaftlichen Verfechter Christi.

Im Mittelpunkt steht jedoch der Chor. Er wird in großformatigen, klangprächtigen Sätzen sein Können unter Beweis stellen und in den Niederrheinischen Sinfonikern einen engagierten Musizierpartner finden. Der 1836 beim Niederrheinischen Musikfest uraufgeführte „Paulus“ war zu Mendelssohns Lebzeiten sein meist gespieltes Werk und hat, meiner Meinung nach, bis heute seine Strahlkraft nicht verloren.

Freitag, 20 Uhr, Seidenweberhaus. Karten unter Telefon 805 125.

Generalmusikdirektor Mihkel Kütson beschreibt exklusiv für die WZ kommende Konzert-Höhepunkte.

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