Krefeld. Textilmuseum: Stickereien peppen Urlaubsfotos auf

Das Textilmuseum zeigt in seiner neuen Ausstellung „Stick-Bilder“ — historische und moderne Beispiele von Textilkunst.

Krefeld.: Textilmuseum: Stickereien peppen Urlaubsfotos auf
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. „Es geht hier nicht um muffige Zigeuner- oder Seemannsbilder in Kreuzstich-Technik“, stellt Annette Schieck, die Leiterin des Textilmuseums, bei der Eröffnung der neuen Ausstellung „Stick-Bilder“ klar. Viel mehr geht es um moderne Kunst und Historisches aus der Sammlung des Museums. Aber es geht auch um mehr als das Zeichnen und Malen mit Fäden auf textilem Untergrund. Die fünf zeitgenössischen Künstlerinnen verbinden noch andere Techniken mit ihren Stickarbeiten — Fotografie und Druck dienen häufig als Grundlage ihres Umgangs mit Nadel und Faden. Keine von ihnen ist, in irgendeiner Form, gelernte oder studierte Textilgestalterin.

Das lässt sich sehr gut an den Arbeiten der jüngsten Teilnehmerin dieser Ausstellung verfolgen. Katharina Wilke (Jahrgang 1978) ist diplomierte Fotodesignerin. Sie hat alte Urlaubsbilder aus den 1950er/60er Jahren, die sie unter anderem auf Flohmärkten gefunden hat, vergrößert auf weißes Baumwollgewebe gedruckt und dann in Teilen bestickt. So mancher mag sich noch an die Zeiten des Wirtschaftswunders und die erste Urlaubsfahrt mit dem Auto und der Campingausrüstung über die Alpen erinnern — mit viel Schmunzeln kann man diese Arbeiten betrachten.

Eher Staunen lösen dagegen die Stick-Bilder der ältesten Teilnehmerin aus. Brunhild Mauss (Jahrgang 1939) überrascht mit ihren kleinformatigen Ausschnitten aus der Natur. Mit einer Distanz von zwei, drei Schritten sehen ihre „Fadenmalereien“, wie sie ihre Arbeiten bezeichnet aus, wie Fotografien von Blumen in der Natur. Wenn man nah an die Werke heran tritt, erkennt man die verblüffend realistische Abbildung von üppigen Blumenwiesen oder auch kleinen Landschaftsausschnitten mit Nadel und feinstem Garn. Dabei beherrscht sie die Technik so, dass Lichtstrahlen im Unterholz naturalistisch widergegeben scheinen und ihre Mini-Biotopen auf Stoff auch eine frappierende Räumlichkeit besitzen.

Gisoo Kim (Jahrgang 1971) nutzt Fotografien, aus denen sie zunächst Collagen anfertigt, die dann überstickt werden. Sie schafft eine Vielschichtigkeit, die an Vexierbilder erinnert. Victoria Martini (Jahrgang 1971) studierte Innenarchitektur, Politische Wissenschaft, Malerei und Kunsttherapie. Ihre Vorlagen sind Bilder des aktuellen Geschehens, die sie in einen neuen Kontext stellt. Ihre Vorliebe für die Pop-Art der 1960er Jahre ist dabei unübersehbar.

Die Arbeiten von Monika Thiele (Jahrgang 1966) erhalten durch die wohlüberlegte und ausgewogene Häufung von langen Spannstichen eine feine Plastizität. Ihre „Fadenbilder“ erscheinen wie Aquarelle in einer sehr transparenten Sticktechnik. Doch vor so viel Kreativität zeitgenössischer Stickkunst müssen sich die historischen Exponate in dem kleinen Kabinett der Ausstellung nicht verstecken.

Auch im 18. Jahrhundert kombinierte man verschiedene künstlerische Techniken und ungewöhnliche Materialien miteinander. Da wurden Malerei und Stickerei kombiniert, aber auch verschiedene Materialien verarbeitet. Ein Bilderbuchbeispiel dafür ist das „Quodlibet“, das bunte Durcheinander aus der Zeit um 1830. Maria Neuber, die ihr Werk mit einer natürlich gestickten Signatur markiert hat, verwendete auch Menschenhaar, Gewürze, in Form geschnittene Fruchtscheiben, getrocknete Blüten, Kristalle und sogar Plättchen aus Fischknochen.

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