Tanzfestival in der Fabrik Heeder: Herrlich schräg und leicht

Zum Auftakt des Tanzfestivals Move verzaubert die Compagnie Étantdonné das Publikum.

Krefeld. Was vor achtzehn Jahren als Experiment begann, hat sich inzwischen zum anerkannten Festival für zeitgenössischen Tanz entwickelt. Zur Eröffnung der 11. Ausgabe von Move zeichnete Hans-Peter Kreuzberg, Vorsitzender des Kulturausschusses, diese Erfolgsgeschichte kurz nach. Anke Brunn, Vorsitzende der Gesellschaft für Internationalen Tanz, wandte sich direkt ans Publikum: „Sie haben hier die Gelegenheit, etwas ganz Besonderes zu erleben.“

Wie recht sie damit hat, zeigte der dann folgende Auftritt der französischen Compagnie Étantdonné. „Showcase Trilogy“ heißt das siebzig Minuten lange Stück, das die beiden Leiter der Truppe, Frédérike Unger und Jérome Ferron, choreographiert haben.

Gemeinsam mit der Tänzerin Emily Mézières treten sie selbst in Aktion. Die weiße Bühne wird dabei zum Experimentierfeld, das sie sich allmählich erobern. Dafür schlüpfen sie aus ihren grünen Overalls und benutzen diese als Mittel, über den Boden zu gleiten. Ziel ist ein Bündel von Kleidern, das sie sich aneignen, um dann in die Welt der großen Tanzklassiker abzutauchen.

Schönheit, Zeit und Leere sind die Leitmotive, die sie mit Tschaikowsky, Ravel und Strawinsky auf originelle Weise in Verbindung bringen. Es beginnt mit „Schwanensee“ und die Wahl der Kostüme ist herrlich schräg, aber gelungen. Rock, BH und eine Wollmütze genügen, um die Damen als Schwäne erscheinen zu lassen. Dabei begeistern Mézières als weißer und Unger als schwarzer Schwan mit ihren Soloeinlagen, gefolgt von einem herrlich komischen Pas des Deux von Unger und Ferron. In einer gelungenen Mischung aus klassischer und moderner Tanzsprache folgen sie der sentimentalen Musik, die allerdings ein witziges Eigenleben führt. Mal hakt die Melodie, wiederholt sich oder geht in aggressivem Rhythmus unter.

Der Mittelteil gehört dem Tänzer Ferron, der zum „Bolero“ mit minutenlangem Rollen der Schultern Hochleistungssport betreibt und sich schließlich mit einem Befreiungsschlag dem Zwang dieser monotonen Musik entzieht. Ein zauberhaftes Intermezzo geben dann wieder die Tänzerinnen, die nur von Vogelgezwitscher untermalt in Blütenbikinis über die Bühne trippeln.

Es ist eine Art Ouvertüre zu Strawinskys „Sacre du Printemps“, dem wohl skurrilsten Teil des Abends. Kurz zeigen sich die Tänzerinnen nackt, um sich dann in hautfarbene Unterwäsche und mit Strumpfmaske in lebensgroße Barbie-Puppen zu verwandeln. Während die eine tanzt, setzt die andere mehrere Reihen von Barbiepuppen auf den Boden und zwingt dadurch die andere dazu, zwischen den Puppen zu tanzen. Diese Mischung aus schrägem Humor und eleganter Leichtigkeit kommt beim Publikum bestens an. Ein gelungener Auftakt, der für die weiteren Aufführungen Maßstäbe setzt.

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