Paul Wembers - neue Blicke auf einen Visionär

Die Kunstmuseen erinnern an ihren großen Direktor. Auch Familie und Weggefährten kamen ins Haus Esters.

Krefeld. Sein Ruf ist bis heute legendär. Paul Wember (1913-1987) leitete von 1947 bis 1975 die Krefelder Kunstmuseen und machte die Stadt „zur heimlichen Hauptstadt der Avantgarde“.

Seit September ehrt ihn das heutige Museumsteam im Haus Esters mit der Ausstellung „Vibrierende Bilder — Lärmende Skulpturen 1958-1963“. Unter dem Motto „Als Kunst noch aufregte“ wurde am Sonntag ein Buch über seine Amtszeit präsentiert. Der Museumsmann würde im Juli dieses Jahres 100 Jahre alt.

Zur Präsentation war mit Viktor Wember (*1944) eins der sieben Kinder Wembers erschienen, außerdem Gisela Fiedler-Bender, die lange Jahre seine Mitarbeiterin war, später selbst Museen in Kaiserslautern und Mainz leitete.

Sylvia Martin, stellvertretende Museumsleiterin und Mitautorin des Buches, skizzierte Wembers Abkehr von der traditionellen und Hinwendung zur jungen Kunst als „Ausstieg aus dem Bild“, als Öffnung der Kunst in „die Räume des Politischen und Sozialen“. Damit hatte Wember zwar überregionalen Erfolg, er wurde aber auch immer wieder stark angefeindet.

Martins Mitautorin Sabine Röder, ebenfalls vom Museumsteam, bot einen Überblick über das Buch „Paul Wember und das hyperaktive Museum“. Es beginnt mit einem über 100 Seiten starken Fototeil mit 250 Aufnahmen. Danach skizzieren Texte von Martin, Röder und Bernward Wember, einem weiteren Sohn des Museumdirektors, die Zeit Wembers am Niederrhein.

„Ich wusste ja gar nicht, wo Krefeld liegt“, gestand Fiedler-Bender zu Beginn eines Gesprächs. Die Zeitzeugin ist extra aus Österreich angereist. In Stuttgart, wo sie ein Praktikum absolvierte, war sie auf Wembers Wirken aufmerksam geworden, war seit 1967 seine Mitarbeiterin.

Der größte „Skandal“ der Wember-Ära lag vor ihrer Zeit. Das war 1961 die Ausstellung des Franzosen Yves Klein im Haus Lange. Dessen monochrome Bilder und seine Installation eines leeren Raums sorgten in der Krefelder Presse, im Bürgertum, aber auch in der lokalen Kunstszene für heftiges Rumoren.

Das sei für Wember eine „ganz prägende Erfahrung“ gewesen, sagte Fiedler-Bender, sie habe ihn aber auch gestärkt. Die Angriffe, so hat es ihr Wember berichtet, seien teils „sehr fies“ gewesen. Aber Wember habe „nie ein böses Wort“ über seine Gegner verloren. Der Erfolg gab ihm recht.

Das Geheimnis hinter diesem Erfolg lüftete Fiedler-Bender gewissermaßen nebenbei. Im Umfeld von Duisburg, Köln und Düsseldorf mit ihren viel größeren Museen habe er mit der Hinwendung zur Avantgarde schlicht „die einzige Chance genutzt, sich zu profilieren“ — und damit war Wember seiner Zeit und seinen Konkurrenten weit voraus.

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