Mies van der Rohe: Er baute Träume aus Glas und Stahl

Das Leben des großen Architekten reicht vom Kaiserreich bis zur Mondlandung. 1938 floh er in die USA.

Krefeld. Seine Bauwerke sind auf der ganzen Welt berühmt. Sie haben ihn zu einem der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts werden lassen. Doch wie so oft in der Kunst verschwindet die Persönlichkeit des Schaffenden hinter seinem Werk. So auch bei Ludwig Mies van der Rohe. Um seiner Persönlichkeit auf die Spur zu kommen, lohnt sich ein Blick in die abwechslungsreiche Biografie dieses Mannes, die eine Zeitspanne vom deutschen Kaiserreich bis zur ersten Mondlandung umfasst.

Als fünftes Kind des Maurers und Steinmetzes Michael Mies und dessen Frau Amalie Rohe wird er 1886 in Aachen geboren. Von klein auf mit der Welt des Bauens konfrontiert, gehört der häufige Besuch der katholisch geprägten Familie im Aachener Dom zu seinen einprägsamen Kindheitserlebnissen. Die Architektur des Kirchenraums, die marmorverkleidete massive Pfeiler mit hohen gotischen Fenstern konfrontiert, soll ihn sehr beeindruckt haben.

Als Jugendlicher besucht er die Baugewerbeschule und arbeitet nebenher auf Baustellen. 1905 zieht er nach Berlin, wo er bereits ein Jahr später seinen ersten Auftrag für einen Hausbau erhält. Das heute noch existierende Haus Alois Riehl ist der erfolgreiche Beginn seiner Architektenlaufbahn.

Bis in die zwanziger Jahre bleibt Mies einem traditionellen, von der klassizistischen Architektur Schinkels inspirierten Hausbau verbunden. 1913 gründet er in Berlin sein eigenes Büro und heiratet Ada Bruhn, mit der er drei Töchter hat. 1921 scheitert die Ehe. Mies fügt seinem Namen den Zusatz van der Rohe bei.

Auf der Großen Berliner Kunstausstellung 1923 stellt er ein theoretisches Projekt für ein Landhaus aus Beton und einen gläsernen Wolkenkratzer vor. 1927 baut er seinen ersten großen Miethauskomplex in Berlin-Wedding und koordiniert die vom Deutschen Werkbund veranstaltete Siedlungsausstellung in Stuttgart-Weißenhof. Für die Schau entwirft er ein Wohnhaus mit Stahlskelett und einen Glasraum.

Mit der Innenarchitektin Lilly Reich verbindet ihn nicht nur eine berufliche Beziehung. Gemeinsam richten sie in Berlin das Café „Samt und Seide“ ein. Die Jahre bis 1930 bilden mit dem Haus Tugendhat in Brünn, dem Pavillon zur Weltausstellung in Barcelona und den Krefelder Fabrikantenvillen Lange und Esters den Höhepunkt seines Schaffens in Europa.

Mies wird Direktor des Bauhauses in Dessau, doch mit dessen Schließung durch die Nationalsozialisten 1933 wendet sich auch für den erfolgsverwöhnten Architekten das Blatt. 1938 emigriert er nach Amerika, um mit Anfang Fünfzig neu zu beginnen.

In Chicago, wo er zum Leiter der Architekturabteilung des Armour Institutes berufen wird, bereitet ihm Kollege Frank Lloyd Wright einen herzlichen Empfang: „Ich bewundere ihn als Architekten, respektiere und schätze ihn als Menschen“, sagt er über Mies.

Chicago wird dreißig Jahre lang Mittelpunkt seines Lebens und Schaffens. Hier gründet Mies wieder ein Büro und lernt die Bildhauerin Lora Marx kennen, mit der er bis zu seinem Tod zusammenlebt. Hier baut er mehrere Gebäude, darunter die Crown Hall für das Illinois Institute of Technology, die er selbst als „klarste Gestalt“ seines Schaffens beschreibt, jenes Gebäude, das am besten seine Philosophie ausdrücke. Über seine Arbeit äußert er sich wenig, gibt erst gegen Ende seines Lebens wenige Interviews.

Mit dem Seagram-Building in New York (1954-58) verwirklicht er endlich die Idee eines großen Bürohauses aus Stahl und Glas. Sein letztes großes vollendetes Werk führt ihn nach Deutschland zurück. Die Neue Nationalgalerie in Berlin wird 1968 fertiggestellt. Zu diesem Zeitpunkt ist er von schwerer Krankheit gekennzeichnet. Am 17. August 1969 stirbt er in Chicago. Eine betont schlichte Metallplatte kennzeichnet dort bis heute sein Grab.

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