Mark Wohlrabs dezente Reise durch die Nacht

Fabrik Heeder: Fotograf Mark Wohlrab hat eine Nachtschicht im Klinikum Essen-Süd begleitet.

Krefeld. "Abwärts wend’ ich mich zu der heiligen, unaussprechlichen, geheimnisvollen Nacht." So beginnt der verschwärmte Romantiker Novalis seine "Hymnen an die Nacht". Es ist klar: Der Mann hat nicht eine Stunde im Klinikum Essen-Süd verbracht.

Mark Wohlrabs Fotografien aus dem Krankenhaus verklären nicht, sie berichten, ruhig und nüchtern. "Nachtschicht" heißt die Serie von 30 Aufnahmen, jetzt zu sehen in der Fabrik Heeder.

Das Rheinische Industriemuseum Oberhausen hatte Wohlrab den Auftrag gegeben, eine Nachtschicht im Essener Klinikum zu begleiten. Vier Nächte hat er sich gemeinsam mit Ärzten, Pflegern und Krankenschwestern um die Ohren geschlagen.

Herausgekommen ist ein auffällig dezenter Zyklus, realistische Momentaufnahmen von der Anstrengung und dem eigenwilligen Rhythmus der Nachtarbeit. Leere, erschöpfte Gesichter sieht man da, aber auch die typischen Insignien wie Aschenbecher, Kaffeetasse und leere Cola-Flaschen.

Um die besondere Stimmung der Nachtarbeit einzufangen, hat Wohlrab auf Blitzlicht oder zusätzliche Ausleuchtung verzichtet. Das gibt den Schwarz-Weiß-Bildern eine eigentümlich graue Patina, verstärkt das müde Grau-in-Grau einer solchen Arbeitsnacht mit ihren besonderen Anforderungen. Ärzte bei der Behandlung, Schwestern, die in ihrem Ruheraum auf das nächste Schellen warten oder im Einsatz über leere Flure hasten. Die Menschen, die wir hier in ihrer Arbeitssituation sehen, sind alleine - selbst wenn sie in Gruppen zusammen stehen.

Die Gesichter, in die wir blicken, wirken stets konzentriert und doch eigentlich abwesend, so als bärgen sie ein Geheimnis. Vielleicht war Novalis doch einst im Klinikum Essen-Süd. Nachtaktiv war er allemal.

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