Marie Joelle Wolf: Sturz aus dem siebten Himmel

In einer beeindruckenden Performance erzählt Marie Joelle Wolf von der verlorenen Liebe.

Marie Joelle Wolf: Sturz aus dem siebten Himmel
Foto: Thomas Weinmann

Krefeld. Mit einem Knall kam er in ihr Leben. „Kamil war einfach nur da!“, ruft die Protagonistin dem Publikum ausgeflippt und aufgekratzt entgegen. Mit einem Unfall führte das Schicksal die beiden zusammen. Und es brauchte keinen langen Reden, um die Liebe zu entfachen.

Bei der Kresch-Premiere am Freitag erzählen Regisseur Helmut Wenderoth und Schauspielerin Marie Joelle Wolf die Geschichte eines überbehüteten Dorfmädchens, das seine Ängste abstreift und in einer Nacht zur Frau wird. Als sie ihre erste große Liebe verliert, lässt sie sich davon nicht in den Abgrund treiben, sondern erfindet sich neu. Aus Karoline Reese wird die Wortakrobatin Ka.Reeze.

Wolf erzählt diese Geschichte nicht nur, sie tanzt und singt, wechselt die Identitäten, lässt die Hüllen fallen und macht Radschläge quer über die Studiobühne der Fabrik Heeder. Intensität und Leichtigkeit, große Gesten, Wutausbrüche und zarte Erkenntnisse verbindet die 28-jährige Schauspielerin in ihrer einstündigen Performance — schicke Hip-Hop-Videos inklusive.

Am Anfang ist sie „das naivste Kind, das ich je erlebt habe“. Papa liebt Mama und bringt das Geld nach Hause. Das watteweiche Kindermädchen Wilma passt auf, dass das Kind nicht in den Regen kommt und kaputt geht. Wolf tanzt den Pippi-Langstrumpf-Tanz und goldige Kinderbilder werden auf eine Leinwand projiziert.

Der sorgsam aufgebaute goldene Käfig zerspringt mit 19 Jahren. Der erste Tag an der Uni, die Bahn verpasst und noch vor der ersten Vorlesung steht die Welt Kopf. Dann kommt die Ohnmacht, die große Liebe, die das kleine Pippipapamama-Kind in einer Nacht ihre herangezogenen Ängste abstreifen lässt.

Nach 19 Tagen ist der Traum vorbei, der Sturz aus dem siebten Himmel tut weh. 27 Kurznachrichten bleiben unbeantwortet. Karoline steht allein im Regen: „Ist mir scheißegal, ob du da bist oder weg bist, du Arschloch!“ bricht es aus ihr heraus. Wut, Trotz und Traurigkeit wechseln sich ab.

Der herrlich wirr dargestellte Versuch der Kompensation im Konsum verschafft keine Abhilfe. 22 Plastiktüten bringen kein Glück. So leer wie eine Plastiktüte fühlt sich die Verlassene, in bester Wegwerfgesellschaft. Es folgt keine Depression, kein wochenlanges Gejammer, kein Verstecken hinter Hätte und Wäre. Ein kleiner Laptop und ein paar Beats — Ka.Reeze ist geboren.

Eine beeindruckende Ein-Frau-Performance, die in ihrer lockeren Art nicht aufgesetzt oder lehrreich wirkt, sondern so vielseitig und spannend wie das Leben Heranwachsender.

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