Malen im Sinne des Staates

Interessante Ausstellung mit Kunst aus der ehemaligen DDR.

Krefeld. Diese drei Männer haben einen Plan. Einer von ihnen hält ihn in der Hand. Sie schauen konzentriert, sie wissen, was sie zu tun haben. Zwei tragen Schutzhelm und Schweißerbrille, gleich werden sie sich an die Arbeit begeben. Sie sind zu sehen auf einem Bild, das wohl Anfang der 60er-Jahre entstanden ist. Die "Dachdecker" hingegen auf einem Bild von 1987 machen unproduktiv Pause. Unordentlich haben Sie Essen auf einem Tisch verteilt. Ihre Aufgabe liegt brach, das ungedeckte Dach hinter ihnen gibt den Blick auf Ostberlin frei.

Zwei Bilder, zwei Positionen? Eher ein Wandel der Zeiten, eine Verschiebung von Akzenten. Zu betrachten ist das in der Ausstellung "Schichtwechsel - Kunst aus 40 Jahren DDR". Das Kunstarchiv der Krefelder Partnerstadt Beeskow, östlich von Berlin gelegen, schickt die Schau auf die Reise. Bis zum 29. Oktober ist sie jetzt im Südbahnhof zu sehen.

Kurator Herbert Schirmer, der letzte Kulturminister der DDR, kolportierte zur Eröffnung die Äußerung eines westlichen Betrachters: "Endlich mal Kunst, wo man was erkennen kann." Dass man etwas erkennen kann, das war Programm, und zwar lange Zeit nicht das der Künstler.

Verlangt wurde vom DDR-Staat der sogenannte "Sozialistische Realismus", in dem der "werktätige Mensch" ikonengleich stilisiert wird. Das eingangs geschilderte Bild von Heinz Dubois, eines von vielen Brigadebildern der Ausstellung, ordnet sich eindeutig dem Diktat unter. Brigida Böttchers Bild "Dachdecker" hingegen greift das Motiv der Brigade zwar auf, leistet es sich aber, die Arbeiter nicht als perfekte Wesen darzustellen.

Viele Bilder knüpfen in der Farbigkeit an den Expressionismus an, Folgeentwicklungen der Moderne in der Kunst wurden in der DDR teils zwangsweise verschlafen. Spannend ist die Ausstellung trotzdem, weil sich an jedem Bild die Position des Künstlers in Relation zur Staatsmaxime überprüfen lässt. Zwischen Linientreue, subjektiver Abkehr von ihr und deutlich hervortretender Opposition findet sich alles. Die interessanten Exponate sind übrigens Grafiken - hier zeichnet sich früh die Abkehr vom "Sozialistischen Realismus" ab.

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