Limes-Lehrlinge wollen Museumsführer werden

Jennifer Morscheiser begrüßt am Samstag in der Burg Linn 30 Wissenshungrige zu ihrer „Führerfortbildung Römer 1“.

Limes-Lehrlinge wollen Museumsführer werden
Foto: Dirk Jochmann

Ein großer gefüllter Suppentopf wartet in der Burgküche schon auf die Limes-Lehrlinge. Fast dreißig Wissenshungrige haben am Samstag ihren Weg durch Schnee und Eis ins Museum Burg Linn gefunden. „Führerfortbildung Römer 1“ steht auf dem Plan. „Es freut mich, dass so viele hier sind!“ sagt Jennifer Morscheiser.

Aber noch mehr freut sie sich, dass in der Runde, die an den zwei Tischen im kühlen Raum Platz genommen haben, viele für sie unbekannte Gesichter sind - also Neue, die Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Museum Burg Linn haben. Es gibt bereits einen Notstand in der archäologischen Abteilung: „Wir haben jetzt schon eine steigende Nachfrage und die wird durch den Weltwerbestatus des Niedergermanischen Limes noch stärker werden.“ Der Ernstfall könnte 2020 oder 2022 eintreten, wenn die Bewerbung des Niedergermanischen Limes - und daran hat Morscheiser nicht den geringsten Zweifel - vom Erfolg gekrönt wird.

Dann erklärt sie, dass es nicht automatisch, wenn einzelne Abschnitte des Limes den Ritterschlag als Weltkulturerbe erhalten haben, die Zwischenstücke auch zu diesen Ehren kommen. Nach dem großen Andrang um den begehrten Welterbestatus hat die UNESCO die Anforderungen erhöht. Freudestrahlend erklärt die Museumsleiterin, dass der Limesabschnitt mit dem heimlichen Höhepunkt Gelduba das geforderte Alleinstellungsmerkmal hat. Nur dieser Abschnitt der Grenzsicherung des riesigen Römischen Reichs ist ein „nasser“ Limes. Hier standen keine Palisaden, Mauern und Wehrtürme, sondern die Aufgabe, unerwünschte Eindringlinge abzuhalten, übernahm von Natur aus der Rhein.

Das Alleinstellungsmerkmal des römischen Lagers Gelduba und seiner direkten Umgebung sind die „unglaublichen“ Schätze aus den 6 500 römischen und fränkischen Gräbern. Damit stammen die Relikte nicht aus irgendwelchen historischen Abfallgruben, in denen sie spätestens zu Bruch gingen, sondern sind gut erhalten. „Und an diese Funde kommen diejenigen in den großen Römermuseen in Köln und Mainz nicht heran! Wir wollen hier das Limes-Mittelzentrum zwischen Köln und Xanten werden,“ erklärt Morscheiser und sieht darin für das Linner Museum eine große Aufgabe in der Vermittlung von Wissen für Schulen, die Krefelder Bevölkerung und auch den Tourismus.

In der Fragerunde werden die unterschiedlichen Motive offenbar. Da sind ehrenamtliche Führer, die sich bislang nur in der mittelalterlichen Geschichte Linns sicher fühlten und nun ihren Horizont erweitern möchten. Für manche ist auch die attraktiv gewordene archäologische Abteilung - „nicht mehr nur tausend Öllämpchen“ - ein Grund. Mancher Lehrer gesteht, dass man mit Schulklassen immer nach Xanten oder Köln gefahren sei und das wohl demnächst mit gutem Gewissen ändern könne. Gerade aus dieser Berufsgruppe kommt auch ein immer wieder genannter Wunsch an das Museum: „Baut mal Brücken zu Europa!“

Für Morscheiser gehört dies schon längst zum pädagogischen Konzept. „Machen wir den Kindern klar, was Geschichte nützt und vermitteln ihnen die Erkenntnis, dass es die Probleme, die wir heute haben, auch früher schon einmal gab und auch Lösungen. Der Migrationshintergrund war auch im Römischen Reich schon weit verbreitet.“ Dann taucht die Museumsleiterin in die römische Geschichte am Niederrhein ein und macht immer wieder deutlich, dass die Forschung vieles gar nicht so exakt bestimmen kann, wie man es gerne hätte und in einer Führung weitergeben möchte. Mit einem archäologischen Grundwissen über das Geschehen in der niedergermanischen Provinz und einer daraus entwickelten logischen Erklärungskette sowie einer Portion Phantasie lasse sich vieles vermitteln und die Menschen aus jener Zeit wieder lebendig machen. Während sie dies am Beispiel der Bataverschlacht unterhaltsam erläutert, über die gefundenen Mengen von Haarnadeln im Bad der Männergesellschaft des Auxiliarlagers Gelduba spekuliert, rührt sie ihre marokkanische Gemüsesuppe an, auf deren Wärme sich jeder in der Burgküche freut.

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