Südbahnhof Kunst kennt keine Grenzen

Im Südbahnhof wird eine Ausstellung von vier Künstlern gezeigt, die zwischen Deutschland und Polen pendeln.

Südbahnhof: Kunst kennt keine Grenzen
Foto: Dirk Jochmann

Auf dem dunklen Boden ist mit grüner Farbe eine Grenze markiert. Sie soll von den Besuchern abgetreten werden. Das beschädigte Lexikon symbolisiert einen verpassten Dialog, der Stacheldraht die Spirale der Gewalt. Versöhnlich stimmt das schwarze Tuch, die Leihgabe aus einem Museum im polnischen Oppeln. „Grenzgänger“ ist die Ausstellung überschrieben, die vier Künstler zusammenbringt, die zwischen Deutschland und Polen pendeln. Sie wird im Südbahnhof gezeigt — kein Ort könnte besser sein.

Jola Golenia-Mikusz und Damian Pietrek leben in Polen, Mauga Houba-Hausherr und Jan Masa haben seit 30 Jahren ihre Heimat in Krefeld und Erkrath. Alle haben zwei Pässe. Die Ausstellung bringt die „Grenzgänger“ auf Initiative von Houba-Hausherr zusammen. „Die Idee zu dieser Arbeit entstand bei einem Künstlerseminar in Sankt Annaberg in Oberschlesien“, sagt die Krefelderin. „17 Künstler haben dort zusammen unter einem Dach gelebt und gemeinsam gearbeitet. Wir haben dann beschlossen, eine Ausstellung zum Thema der Heiligen Anna zu organisieren, über die Grenzen hinweg. Sie wurde in Hüls in der ökumenischen Bildungsstätte gezeigt und war ein schöner Erfolg.“

Sie habe die Kollegen als Pendler zwischen den Ländern gezeigt. Jetzt folgen die „Grenzgänger“ in einer sehenswerten Ausstellung. „Es ist ein spannender Schritt, zumal die Künstler in beiden Ländern zu Hause sind“, sagt Houba-Hausherr.

Der Bahnhof ist ein Sinnbild für die Reise

Jan Masa hat für seine fotografischen Werke die Kamera über Landschaften und Himmelskörper bewegt, geschwenkt und gedreht. „Es war ein Experiment. Es sind Langzeitbelichtungen.“ Der gebürtige Danziger ist Fotograf und Bildhauer und kam vor 30 Jahren nach Deutschland, in den Westen. „Die Geschichte hat meine damals getroffene Entscheidung, als Europäer leben zu wollen, bestätigt“, sagt er. „Grenzgänger bin ich durch das Pendeln zwischen den beiden Kulturen, in denen ich lebe und aus denen ich schöpfe, trotzdem geblieben.“ Zu den grün auf den Boden gemalten Grenzen sagt er: „Wir sollen die Grenzen ignorieren. Wir wissen, wo sie sind, die nächste Generation nicht mehr.“ Mauga Houba-Hausherr hat drei verschiedene leere Stühle in Tusche auf Pappe gezeichnet. Wo hat die Oma, wo die Mutter gesessen? Weibliche Schatten hinter den Sitzmöbeln lassen die Frauen erahnen. „Hat dort eben noch jemand gesessen, der jetzt unterwegs ist, vielleicht gar zu neuen Ufern? Wird bald jemand kommen und sich niederlassen, kurz oder auch länger ruhen und dann auch wieder gehen?“, fragt die Künstlerin. Sie ist besonders glücklich, die „Grenzgänger“ im Südbahnhof ausstellen zu dürfen. „Der Bahnhof als Ort unterwegs sein zu dürfen.“ Die Koffer im Ausstellungsraum unterstreichen dies. „Wir sind Europäer und Reisende im Leben und als Künstler. Als Gruppe sind wir stark, wir kommen immer wieder zusammen.“

Jolanta Golenia-Mikusz sagt über ihre Werke, Öl auf Leinwand: „Kunst ist frei und grenzenlos und entspricht mit diesen Attributen dem Hauptthema meiner Arbeit, der mich umgebenden Landschaften. Obwohl sich auch in ihnen Grenzen finden, sind sie doch grenzenlos, einfach und mühelos lesbar.“

Damian Pietrek hat in aufwendiger, filigraner Arbeit auf Leinwand gezeichnet. „In meiner Serie ,Flächen und Realitäten parallel‘, geht es um wechselseitige Grenzüberschreitungen, bei denen eines das andere zerstört und auf diese Weise etwas Neues entsteht.“ Er hat Reisende im Zug zwischen den Bahnhöfen gezeichnet. Seine Farben sind nicht nur Schwarz und Weiß — wenn der Betrachter genau hinsieht.

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