Krefelds Konzertjahr: Die deutsche Welle rollt

2012 gibt es sentimentale Balladen, kraftvollen Punk und eine doppelte Dosis Volksmusik.

Krefeld. Deutsches Liedgut steht in diesem Jahr hoch im Kurs — und zwar in fast jeder denkbaren Ausprägung. Während der König-Palast gleich zweimal den Volksmusikanten anheim fällt, leuchten in der Kulturfabrik viele Sterne des Pophimmels — bevorzugt jene, die bereits hell strahlen, aber noch nicht hell genug für die ganz großen Hallen in Oberhausen oder Düsseldorf.

An der Schwelle zu dieser Sphäre steht Tim Bendzko, der mit der Schnulze „Wenn Worte meine Sprache wären“ im vergangenen Jahr den Bundesvision Song Contest gewonnen hat. In Rekordzeit hat der 26-Jährige, der als studierter Theologe mit seinem Gesang mal eben „kurz die Welt retten“ will, seinen Auftritt am 30. Januar ausverkauft.

Karten gibt es hingegen noch für Andreas Bourani (22. März) und Johannes Oerding (26. April), die wie Bendzko einer Strömung zuzurechnen sind, die man Neue Deutsche Melancholie nennen könnte. Bourani, der mit „Eisberg“ oder „Glück“ musikalische Substanz andeutet, ist Sohn eines Ägypters und einer Deutschen und war im Vorprogramm von Clueso auf Tour. Für Oerding, der in Geldern aufgewachsen ist, dürfte der Besuch in Krefeld fast ein Heimspiel sein. Musikalisch in eine ähnliche Kerbe schlägt Johannes Strate (8. Mai). Der Sänger der Band Revolverheld geht solo mit ruhigen und persönlichen Songs auf Tour.

Stammgast in den deutschen Charts sind inzwischen auch die Gruppen Glasperlenspiel (15. Februar), Luxuslärm (31. März) und Jennifer Rostock (1. April). Während letztere Band — die übrigens nicht aus der Hansestadt, sondern aus Berlin kommt — mit energiegeladenem Punk und dem rotzigen Gesang der Leadsängerin Jennifer Weist über die Bühne fegt, kommt das Duo Glasperlenspiel ursprünglich aus der Parallelwelt des christlichen Pop. Ihr Stück „Echt“ fand sich beim Bundesvision Song Contest ebenfalls unter den Top 5 wieder.

Luxuslärm stammen aus dem Sauerland und sind auch sonst ein Phänomen im deutschen Pop-Business. Da die großen Plattenfirmen zu stark in ihre künstlerische Freiheit eingreifen wollten, zogen Luxuslärm ihr Ding komplett auf eigene Faust durch — und sind zum Schreck des versammelten Musikgeschäfts damit erfolgreich.

Wie gewohnt, ist auch deutscher Hip-Hop in der Kufa vertreten. Die gute Nachricht: Sido kommt diesmal nicht. Dafür läuft Samy Deluxe in Krefeld auf (5. April), inzwischen fast Grandseigneur deutscher Sprechgesangs-Kultur. Aus der jüngeren Riege kommt Deutsch-Iraner Fard (7. März).

Nach dem bewährten Prinzip der Vielfalt sorgt die Kufa natürlich auch für das Publikum jenseits der 30. Mit Curtis Stigers tritt am 27. Mai ein ehemaliges One-Hit-Wonder der Popmusik („I Wonder Why“) als ernsthafter Jazzmusiker auf die Bühne. In diese Kategorie gehört auch Till Brönner (13. April), obwohl er sich zuletzt als Zirkuspferd durch die Casting-Arena des Privatfernsehens treiben ließ. Sich treu geblieben ist Bernd Begemann (8. März), inoffizieller Bundesbeauftragter für Erwachsenen-Pop.

Zwei Beauftragte für ganz andere Bereiche von Musik begeben sich hingegen in den König-Palast: Florian Silbereisen präsentiert dort das „Frühlingsfest der Volksmusik“ (25. Februar), Andy Borg das „Musikantenstadl“ (15. September). Deutscher wird Liedgut nimmer.

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