Interview Krefeld braucht eine Kultur-Lobby

Heinrich Rungelrath vom Kulturrat spricht im WZ-Interview über die Strahlkraft der kreativen Szene, die Chancen für das KWM und die Integration von Flüchtlingen.

Heinrich Rungelrath setzt sich seit Jahren für Kunst und Kultur in Krefeld ein.

Heinrich Rungelrath setzt sich seit Jahren für Kunst und Kultur in Krefeld ein.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

Krefeld. Krefeld braucht eine Kultur-Lobby. Dieser Auffassung ist Heinrich Rungelrath — und dafür setzt er sich seit fast zwei Jahren mit dem Krefelder Kulturrat ein. Kultur ist für den engagierten Vorsitzenden ein wichtiger Standortfaktor, das Kaiser-Wilhelm-Museum und die von Mies van der Rohe entworfenen Häuser Lange und Esters ein kultureller Schatz. Zuletzt setzte sich der Vorsitzende des Krefelder Kulturrates für einen autofreien Museumsvorplatz ein. Über die Gründe dafür, wie auch über die Bedeutung des Kaiser-Wilhelm-Museums und die Strahlkraft von Kultur spricht Rungelrath im Interview.

Wieso hat sich der Kulturrat für einen autofreien Museumsvorplatz eingesetzt?

Heinrich Rungelrath: Das Museum braucht Raum, um zu atmen. Nach der Sanierung haben wir ein großartiges neues Museum, ein wahres Schmuckstück für die Stadt. Jetzt haben wir mit dem autofreien Museumsvorplatz die einmalige Chance, ein angemessenes Entree für das KWM zu schaffen. Das wertet die Bedeutung des Museums noch einmal auf.

Wie stehen Sie als Kulturrat zu der Namensgebung?

Rungelrath: Wir sind einhellig der Meinung, dass es beim Namen Kaiser-Wilhelm-Museum bleiben muss. Das ist in der Geschichte und Historie des Hauses begründet, und unter dieser Marke ist es bekannt. Das sollte man nicht ändern.

Sie sagen, Krefeld braucht eine Kultur-Lobby. Weshalb?

Rungelrath: Es gibt in Krefeld eine Vielzahl von Kultureinrichtungen, doch sie werden bislang noch zu wenig an wichtigen Entscheidungen beteiligt. Deshalb haben sich im Kulturrat, der seit einem Jahr ein eingetragener Verein ist, nunmehr 25 Vereine und freie Kultureinrichtungen mit insgesamt mehreren tausend Mitgliedern zusammengeschlossen. Wir treffen uns fünfmal im Jahr und bereiten dabei auch die Sitzung des Kultur- und Denkmalausschusses vor, an dem zwei Vertreter von uns teilnehmen. Das Thema Umgestaltung Karlsplatz ist jedoch nur im Bauausschuss behandelt worden. Bedauerlich. Deshalb haben wir das Positionspapier erarbeitet und den Fraktionen überreicht.

Findet der Kulturrat in Krefeld Gehör?

Rungelrath: Wir haben Rede-Recht im Kulturausschuss, die Fraktionen im Rathaus nehmen uns wahr. Der Museumsplatz ist ja nun autofrei, unsere Position ist zuvor gehört worden. Wir knüpfen Kontakte in die Wirtschaft und laden Vertreter zu unseren Sitzungen ein. Anfang des Jahres waren Mario Bernards, Leiter Politik und Bürgerdialog des Uerdinger Chemieparks, und Claus Schlechter vom dort ansässigen Unternehmen Covestro zu Gast.

Sie treten auch als Fürsprecher für die Kultur auf?

Rungelrath: Ja, im vergangenen September habe ich bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft einen 30-minütigen Vortrag über die Bedeutung der Kultur für den Standort Krefeld gehalten.

Inwieweit können Unternehmen von Kultur profitieren?

Rungelrath: Unternehmen sind in einem starken Konkurrenzkampf. Sie werben um hoch qualifizierte Mitarbeiter. Die legen neben der Bezahlung auch Wert auf ein gewisses hohes kulturelles Angebot an ihrem Standort. Theater, Museen und Kulturprogramm sind Dinge, die bei der Jobauswahl eine Firma an einem bestimmten Ort attraktiver machen. Das belegt auch eine Studie der Universität Dresden. Das ist aber nur ein Aspekt. Umgekehrt kann Kultur in einer Stadt auch das Zusammenleben positiv beeinflussen.

Inwiefern?

Rungelrath: Das ist mein Lieblingsthema: Die Integration von Migranten in unserem Land wird über Kulturträger geleistet, das heißt, dass hier die Chance besteht, unsere humanistisch geprägte Kultur Menschen aus anderen Kulturkreisen zu vermitteln. Beispielsweise haben wir als Theaterfreunde (Anmerkung der Redaktion: Heinrich Rungelrath ist auch Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde des Krefelder Theaters) 30 Flüchtlingskinder zu dem Stück „Aladin und die Wunderlampe“ des Jugendtheaters eingeladen. Statt also den Kulturetat deutschlandweit einzufrieren, ist es im Hinblick auf die Integrationsarbeit besser, ihn aufzustocken.

Wollen Sie das Engagement in diesem Bereich ausbauen?

Rungelrath: Die Theaterfreunde denken derzeit über Patenschaften für Flüchtlingskinder nach, um ihnen den regelmäßigen Besuch des Theaters zu ermöglichen. Wir sind aber noch am Anfang.

Was sind weitere Schwerpunkte des Kulturrates?

Rungelrath: Wir arbeiten uns gerade in ein mehrseitiges Positionspapier des Deutschen Städtetages zum Thema Stadtkultur ein.

Was verstehen Sie unter Stadtkultur?

Rungelrath: Der Begriff ist schwierig, es lässt sich vieles darunter packen. Wir haben in Krefeld ein vielfältiges Kulturangebot. Dazu zählt das Literaturhaus, die Mediothek, die verschiedenen Museen ebenso wie die Kufa als Veranstaltungsstätte wie auch die Puppentheaterbühne das „Blaue Haus“ und die Pappköpp. Sie alle prägen die Krefelder Stadtkultur und spielen eine wichtige Rolle für das gesellschaftliche Zusammenleben. Sie sind unverzichtbar. Dadurch, dass der Kulturrat eine Verknüpfung aller herstellt, gelingt noch einmal eine andere Sicht auf das breite Angebot in Krefeld. Wir bauen gerade den Kontakt zu Krefelder Unternehmen auf und werben um finanzielle Unterstützung.

Auch bei den Krefelder Bürgern?

Rungelrath: Das Engagement der Bürgerschaft ist schon sehr groß. Ein typisches Beispiel dafür ist die Sammlung für die Sanierung des Bootshauses im Stadtwald. Die Unterstützung ist projektbezogen, das ist leichter zu vermitteln als die Förderung der Kultur im Allgemeinen.

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