Konzert: Eine aufwühlende Serenade

Das Minguet-Quartett hat auf Burg Linn drei Epochen der Musikgeschichte auf lehrreiche Art lebendig werden lassen.

Konzert: Eine aufwühlende Serenade
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Das Minguet-Quartett benennt sich nach Pablo Minguet, ein spanischer Philosoph des 18. Jahrhunderts, der sich in seinen Schriften bemühte, dem breiten Volk Zugang zu den Schönen Künsten zu verschaffen. Dies haben sich auch Ulrich Isfort (erste Violine), Annette Reisinger (zweite Violine), Aroa Sorin (Viola) und Matthias Diener (Violoncello) auf die Fahnen geschrieben. Am Freitag gastierten sie auf Burg Linn.

Das musikalische Repertoire der vier umfasst vor allem die klassisch-romantischen und die modernen Kompositionen. So bestand das Programm aus je einem Streichquartett von Joseph Haydn (1732-1809) für die Wiener Klassik, Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) für die Romantik und György Ligeti (1923-2006) für die Musik aus der Mitte des 20. Jahrhunderts.

Nach dem Beginn mit Haydns Streichquartett Nr. 5 in D-Dur folgte Ligetis „Métamorphoses nocturnes“ ein musikalisch weniger vertrautes Terrain. Zu seinem ersten, 1953/54 komponierten Streichkonzert hatte Ligeti mehrere Jahre ein gespaltenes Verhältnis, so dass es auch erst 1958 in Wien aufgeführt wurde. Er äußerte sich zu diesem Werk, das er noch für sich als „altmodisch“ bezeichnete: „Es gibt noch deutliche melodische, rhythmische und harmonische Gebilde und Taktmetrik. Es handelt sich nicht um tonale Musik, doch eine radikale Atonalität ist auch nicht vorhanden.“

Die meisten der zwölf Abschnitte des einsätzigen Werks weisen mit Bezeichnungen wie „Presto“ und „Prestissimo“ schon auf ein höheres Tempo hin. Bei den Klängen kommen Assoziationen an einen Kriminalfilm mit Verfolgungsjagden, Martinshörnern, Bremsenquietschen, Hilfeschreien und anderen dramatischen Szenen auf — inklusive einer Passage mit leisen schweren Klängen, als würde ein Opfer gerade sein Leben aushauchen. Dann geht die Verfolgungsjagd weiter. Dieses Streichquartett bedeutet für die Musiker wie die Zuhörer eine Herausforderung.

Im zweiten Teil des Konzerts erklingt mit Mendelssohns Streichquartett in f-moll ein doppeltes Requiem. Von Beginn an hört man den damaligen Seelenzustand des Komponisten: Er ist aufgewühlt, verzweifelt; Dramatik und Hektik bestimmen dieses Werk. Seine geliebte Schwester Fanny war im Mai überraschend gestorben. Und es wird auch zu seinem Requiem, denn als Felix im September 1847 das Opus vollendete, sollte er auch nur noch zwei Monate leben.

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