Königsdrama und Komödie zugleich

„Yvonne, die Burgunderprinzessin“ hat morgen Premiere. Die Dramaturgie geht dabei bewusst ein Wagnis ein.

Krefeld. Der Spielplan eines Theaters besteht aus mehr Kompromissen und Zwängen, als das Publikum ahnt. Trotz aller künstlerischen Leidenschaft muss zwischen anspruchsvoller Kunst und leichter Muse die Balance stimmen, unter den zahlenden Abonnenten will jedes Klientel bedient sein. Dann gibt es da noch die Lehrpläne der Schulen, auf die man im Interesse voller Säle Rücksicht nimmt.

Manchmal allerdings greift die Dramaturgie bewusst ins Schatzkästchen und geht ein Wagnis ein. Die Produktion "Yvonne, die Burgunderprinzessin", die am Mittwoch in Krefeld Premiere feiert, ist ein solcher Fall. "Das Stück passt in keine Kategorie", sagt Dramaturgin Vera Ring. "Es ist für uns und für das Publikum ein Abenteuer." Entsprechend kontrovers waren die Reaktionen nach den Vorstellungen in Mönchengladbach im vergangenen Jahr.

Das Stück des polnischen Dramatikers Witold Gombrowicz ist Königsdrama und Komödie, Tragödie und Farce, absurdes Theater und harte Kost. Denn die Titelheldin (Floriane Kleinpaß) erleidet seelischen Druck und körperliche Gewalt, sie wird ausgestoßen und herumgeschubst, der ganze Königshof hat nichts als ihren Tod im Sinn. "Viele Situationen werden auf emotionale Höhen getrieben", erklärt Vera Ring. "Diese Szenen sind schwer zu spielen und schwer zu ertragen."

Schon die Proben waren alles andere als alltäglich - körperliche Angriffe können auf der Bühne keine reine Simulation bleiben. "Vieles davon passiert wirklich", sagt Floriane Kleinpaß. "Ich war schon hin und wieder an dem Punkt zu sagen: Jetzt ist mal gut. Dennoch: Ich spiele die Rolle wahnsinnig gerne." Auch ihr Kollege Frederik Leberle, der sich als Prinz Philipp zuerst mit Yvonne verlobt und dann mit ihr bricht, hat die Eindrücke der Proben mit nach Hause genommen: "Es liegt auch ein Leid darin, jemanden zu quälen", sagt er. "Man fragt sich, ob man dabei abstumpft."

Der Grund, Yvonne zu hassen, ist so alt wie die Welt: Sie ist anders. Sie spricht nicht, verweigert sich allen Konventionen und bewegt sich stumm und traumverloren durch die strenge höfische Gesellschaft. "Die Gewalt gegen Yvonne schwebt die ganze Zeit im Raum", schildert Leberle. "Es gibt keinen Splatter und keine Explosionen. Es ist die menschliche Schwäche, die weh tut."

Die ungewöhnliche Produktion, die Bernarda Horres bildhaft und abseits gängiger Sehgewohnheiten inszeniert hat, liegt dem Ensemble am Herzen.

Spürbar wird das auch daran, dass Stefan Diekmann, der im Sommer nach Neuss gewechselt ist, für die Rolle des grausamen Königs Ignaz nach Krefeld zurückkehrt. "Ein neuer Schauspieler wäre wie ein Fremdkörper in ein geschlossenes System gekommen", sagt Vera Ring. Sie hofft, dass sich das Publikum mit dem Theater auf das Wagnis einlässt: Obwohl es um Königskinder geht - eine rosa Lilifee-Welt sollte niemand erwarten.

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