Helden mit jugendlicher Frische

Das erste Festkonzert zum 60. Geburtstag des Jazzkellers ist gleich ein voller Erfolg gewesen.

Helden mit jugendlicher Frische
Foto: Andreas Bischof

Das ist schon mal ein Einstieg gewesen, der Laune auf die weiteren Festkonzerte macht. Der Jazzklub Krefeld hat fünf Festkonzerte geplant, mit denen das 60-jährige Bestehen des Jazzkellers gefeiert wird.

Als erste Band war ein Quartett um den amerikanischen Posaunisten Ray Anderson und den niederländischen Schlagzeuger Han Bennink engagiert worden, und die Musikkneipe unter der Lohstraße, aus der der Verein Jazzklub 1979 hervorgegangen ist, war rappelvoll. Die Fans waren am Ende zufrieden und glücklich.

„Wiedersehen mit . . .“ — so könnte das Motto der Konzerte lauten. Denn fast alle Musiker, die jetzt zu sehen waren und noch zu sehen sein werden, sind schon einmal die Treppenstufen zum Keller heruntergeklettert.

So werden sich die Fans an Andersons Auftritt in den 1990er Jahren mit seinem Trio BassDrumBone erinnern. Aber Anderson erinnerte sich offensichtlich nicht mehr an die beengten Verhältnisse auf der Kellerbühne.

Kurz vor dem Beginn des Konzerts stieß er sich leicht den Kopf an einem von der niedrigen Decke herabhängenden Lautsprecher, ohne sich dabei zu verletzen. Trotzdem schaute der Schlaks später immer wieder mit gespielt skeptischem Blick nach oben, um dann das zweite Set doch lieber im Sitzen zu spielen. Das ist für einen Posaunisten eher ungewöhnlich.

Aber auch Kontrabassist Ernst Glerum spielte im Sitzen, ebenso ungewöhnlich. Doch das alles hatte auf die Musik keinen Einfluss.

Paul van Kemenade am Altsaxophon stand jedenfalls am Ende als einziger in dieser Runde grau gewordener Jazzhelden. Aber alle zusammen — das kann man mit Fug und Recht sagen — hielten die Fahne des Jazz mit jugendlicher Frische und viel Verve hoch.

Dass die Musiker in ihren Karrieren auch mit freieren Spielformen Kontakt hatten, hörte man bei allen mehr oder weniger deutlich heraus. Bei den Stücken aber überwogen durcharrangierte Formen und herkömmliche Stilistiken, von denen aber gleich ziemlich viele. So gab es im ersten Set eine Bebop-Nummer zu hören. Dann wurden die engen Grenzen eines zwölftaktigen Blues-Schemas reichlich ausgedehnt.

Es folgte eine Nummer im Latinstil. Dann wurde es bei einer Mainstream-Ballade fast zahm, bevor das erste Set mit einer mächtig hüpfenden Zirkus-Polka endete.

Bennink, mit 75 Jahren der Älteste in der Band, trieb seine Kollegen die meiste Zeit wüst vor sich her. So viel Drive und Elan würde man manchen jüngeren Musikern wünschen.

Seinem mit wuchtigen Akzenten durchsetzen Swing zog Glerum filigran die Basslinien ein. Der leiseste Musiker erkämpfte sich mit facettenreichem Spiel die ihm gebührende Beachtung.

Als Solist überzeugte bei den Bläsern van Kemenade mehr als Anderson. Er entlockte seinem Altsaxophon eine große Klangvielfalt, wechselte zwischen scharfem und süffigem Ton, zwischen lyrischem und expressivem Ausdruck. Da schien das Spiel von Anderson, der auch immer schneller zu einer freieren Phrasierung wechselte, etwas weniger variantenreich.

Die stärksten Momente aber erlebten viele Stücke, wenn Anderson und van Kemenade zusammen improvisierten. Wie sie da ihre Linien verflochten und wieder auseinanderzogen, ohne den anderen selbst bei sehr expressiven Phasen auszustechen, das war großes Kino und zeugte von der großen Erfahrung dieser tollen Jazzmusiker.

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