Konzert Faszinierende Klänge im Seidenweberhaus

Eine besondere Mischung aus Unbekanntem und Vertrautem bietet das dritte Konzert der Niederrheinischen Sinfoniker.

Konzert: Faszinierende Klänge im Seidenweberhaus
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Warten auf den Sendebeginn: Das Publikum im gut besuchten Seidenweberhaus nutzt die Zeit für ein intensives Abhusten, Lachen und Gemurmel. Punkt 20.05 Uhr betritt Generalmusikdirektor Mihkel Kütson die Bühne. Applaus und man geht auf Sendung.

Leise, kaum hörbar mit langen Tönen der Geigen beginnt die „Musica adventus“ von Peteris Vasks (geb. 1946). Das 1997 uraufgeführte Stück und seine Interpretation setzen im ersten Moderato ein Warten in sehr verhaltenen Klängen um. Dann erkennt man die bekannte Tonfolge des Weihnachtslieds „Vom Himmel hoch“ — jedoch leicht verändert — als Mosaiksteine, Motive ziehen sie sich durch den ersten Satz.

Kontrastreich kommt der zweite Satz als Allegro energico, als wilder Tanz zur Wintersonnenwende daher. Sehr präzise akzentuieren die Streicher der Niederrheinischen Sinfoniker ihr äußerst homogenes Spiel. Im Adagio schwelgt man traurig schön in Gefühlen. Dann folgt ein abschließendes Moderato, das ebenfalls leise und sphärenhaft beginnt. Immer mehr drängt sich dabei die Vorstellung an das ferne Zwitschern eines Vogelschwarms im Abend an — eine zauberhafte Stimmung, ein feines Klangerlebnis. Welch ein Genuss, dass die Musiker nach zwei lauten Einschüben wieder zu der Abendstimmung zurückkehren dürfen. Ein großes Umräumen auf der Bühne folgt, denn Friedrich Gulda (1930 - 2000) hat für sein Konzert für Violoncello und Blasorchester klare Regieanweisungen gegeben, wer von den wichtigsten Akteuren, dem Cellisten sowie je einem Gitarristen, Jazzbassisten und Schlagzeuger, wo zu sitzen habe.

Julian Steckel am Violoncello darf gemeinsam mit dem Schlagzeuger einen jazzigen Einstieg hinlegen, bald kommt das Blasorchester hinzu und gibt eine kleine Big Band. Überraschung: Plötzlich glaubt man sich musikalisch in die Alpenwelt versetzt, dann wieder im Jazz mit einem höchst virtuosen Spiel auf dem Cello. Man kommt kaum aus dem Staunen über das 1981 uraufgeführte Werk heraus, solch eine überraschende Mischung. Dass sich die unterschiedlichen Genre so harmonisch verbinden lassen, als sei es das Normalste in der Musikwelt, in einem Sinfoniekonzert. Im zweiten Satz „Idylle“ schwelgen die tiefen Bläser und der Solist in einer getragenen Melodie, dazwischen bieten sie ein heiteres tänzerisches Intermezzo.

In der „Cadenza“ erzählt der Cellist solo eine musikalische Geschichte, ein ganzes Hörspiel mit seinem brillanten Vortrag. Der nächste Satz fügt mit seinem Menuett orientalische — oder durch die Gitarrenklänge maurische? — Klänge hinzu. Welchen faszinierenden Klangkosmos hat Gulda da erschaffen?

Wie atemberaubend setzen dies die Musiker um. Sportlich unterhaltsam präsentieren sie im zweiten Teil des Abends den „Slalom“ von Carter Pann (geb. 1972). Schwungvoll locker präsentieren die wieder kompletten Niederrheinischen Sinfoniker eine Abfahrt durch den Pulverschnee, Landschaft fliegt vorbei, ein großes Kino um eine rasante Tour.

Ein faszinierender wie genussvoller Abend mit zeitgenössischer Musik. Es bräuchte gar keine Nussknackersuite von Peter I. Tschaikowsky als „klassisches Sahnehäubchen“, das dem Konzert schließlich auch noch eine Überlänge gibt.

Das Konzert wird am Freitag, den 16. Dezember 2016 im Seidenweberhaus Krefeld wiederholt, Beginn 20 Uhr. Ab 19.15 Uhr gibt es eine Konzerteinführung. Konzertkarten an der Theaterkasse unter der Telefonnummer 02151/805-125, an der Abendkasse oder im Internet unter

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